Kann aufgrund der Corona-Pandemie das Umgangsrecht ausgesetzt werden?

Nein. Das Umgangsrecht besteht weiterhin fort und es gibt keinen Automatismus. Es ist weiterhin so, dass kein Elternteil einseitig über die Umgangszeiten des anderen bestimmen kann.

Wird Umgang ohne triftigen Grund verhindert, kann dies bei einer gerichtlich festgelegten und vollstreckbaren Umgangsvereinbarung ein Grund sein, ein Ordnungsgeld (bis zu 25.000 EUR, ersatzweise bis zu 6 Monate Haft) anzuordnen.

Entsprechende Ordnungsgeldanträge sollten aber nur gestellt werden, wenn es auch in der Vergangenheit wiederholt Probleme mit der Wahrnehmung des Umgangsrechts gegeben hat und der begründete Verdacht besteht, dass das Thema Corona nur als erneuter Vorwand genutzt wird, wie wir es in den letzten Tagen leider verstärkt registrieren mussten.

Wenn es bisher aber gut lief und erstmals Probleme aufgrund nachvollziehbarer Besorgnis auftreten, dann sollten die Eltern versuchen, das Thema miteinander zu klären und eine verantwortungsvolle Lösung zu finden.

Was ist, wenn es eine Ausgangssperre geben sollte / gibt?

In Österreich, Frankreich und seit neuestem auch in Bayern gibt es bereits Ausgangssperren bzw. -beschränkungen. Ausnahmen gab es in allen Fällen für „die Wahrnehmung des Sorgerechts im jeweiligen privaten Bereich“ (mehr). Sämtliche bisher verhängten Ausgangsrestriktionen sehen nach aktuellem Stand (20.03.2020) KEINE Einschränkungen des Umgangsrechts vor und wir gehen davon aus, dass dies auch so bleiben wird.

Eine sehr gute Übersicht, was eine Ausgangssperre bedeuten würde und weiteren Informationen zur Corona-Pandemie hat auch der rbb auf seiner Seite veröffentlicht.

Ich soll dem anderen Elternteil einen Nachweis erbringen, dass ich nicht am Corona-Virus erkrankt bin, bevor ich mein Kind sehe

Auch hierfür gibt es keine Grundlage. Sollte es aber ernsthafte Anhaltspunkte geben (z.B. jüngster Aufenthalt in Risikogebieten und Krankheitssymptome) könnte eine solche Anforderung im begründeten Einzelfall zulässig sein. In solchen Fällen würde es sich aus unserer Sicht aber von selbst verstehen, dass der Elternteil schon allein aus Verantwortung seinen Kindern und auch dem anderen Elternteil gegenüber sich eigeninitiativ testen lässt.

 

Einer der Eltern gehört zu einer Risikogruppe

Auch dies ist grundsätzlich kein Grund, das Umgangsrecht auszusetzen. Sollte der betreuende Elternteil hier unspezifische Bedenken haben, dass das Kind sich beim Kontakt mit dem anderen Elternteil infizieren und diese Infektion mit in seinen Haushalt bringen könnte, würde immer auch die Möglichkeit bestehen, dass das Kind in der nächsten Zeit beim gesunden Elternteil verbleibt. Auch so ließe sich ein erhöhtes Infektionsrisiko eines Elternteils mindern.

Hier sei an einen verantwortungsvollen Umgang der Eltern appelliert.

Bei mir oder beim anderen Elternteil gibt es Anzeichen einer Infektion

Wenn bei einem Elternteil oder bei einem Kind Infektionsanzeichen festgestellt werden, dann sollte Kontakt zum anderen Elternteil (und zum Kind, wenn man Umgangsberechtigter ist) natürlich vermieden werden.

In einem solchen Fall sollten Eltern und Kinder umgehend untersucht und getestet werden, schon allein aus Gründen des Selbstschutzes und der elterlichen Fürsorgepflicht. Sollte aus solchen begründbaren Verdachtsmomenten ein aktueller Umgang ausfallen, sollten dem anderen Elternteil mindestens die Untersuchungsergebnisse des Kindes zugänglich gemacht werden. Dies zum einen in seiner Funktion als sorgeberechtigtem Elternteil, zum anderen aber auch, um gerade bei einem belasteten Elternverhältnis den Verdacht einer vorsätzlichen Umgangsbe- und Verhinderung zu vermeiden.

Auch hier sei erneut an einen verantwortungsvollen Umgang der Eltern appelliert.

Die Kita und Schule ist geschlossen, wie soll ich jetzt die Betreuung der Kinder organisieren?

Diese Frage betrifft beide Eltern gleichermaßen. Normalerweise sind die Großeltern hier eine wertvolle Unterstützung. In der aktuellen Situation raten wir davon jedoch ab, da insbesondere ältere Menschen zu den stark gefährdeten Personenkreisen gehören. Im Moment ist die Vermeidung des Kontakts zu den Großeltern deren aktiver Schutz.

Gerade jetzt wäre es daher wichtig, wenn sich beide Eltern gegenseitig unterstützten und dies auch, unabhängig von bestehenden Umgangsregelungen, anböten. Hier haben wir selbst von langjährig schwierigen Elternbeziehungen in den letzten Tagen schon positive Rückmeldungen erhalten.

Keine Option sollte es sein, die Kinder bei Dritten (Freunden, Bekannten) in die Betreuung zu geben und somit den Kreis möglicher Infektionen zu erweitern. Erster Ansprechpartner sollte daher immer (nicht nur in der Corona-Krise) der andere Elternteil sein.

Wie sollen die Osterferien geregelt werden?

Auch wenn Urlaube voraussichtlich nicht möglich sein werden: die Zeiten, wann sich das Kind bei welchem Elternteil aufhält, waren vermutlich bereits geregelt und müssen nicht verändert werden.

Wenn in einer Umgangsregelung festgeschrieben wurde, dass das Kind an Schule oder Kita abgeholt werden solle, sollten sich die Eltern im Zweifelsfall auf die Abholung bei dem Elternteil, bei dem sich das Kind befindet, einigen.

Ein Elternteil kann seine Betreuungszeiten nicht wie geplant wahrnehmen, da er / sie in systemrelevanten Berufen arbeitet und aufgrund der Corona-Krise mehr als bisher arbeiten muss

Pflegekräfte, medizinisches Personal und viele andere sind in den letzten Tagen/der letzten Woche und voraussichtlich auch noch längere Zeit besonderen Belastungen ausgesetzt und zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung von besonderer Bedeutung.

Diese Elternteile sollten vom anderen Elternteil in der Betreuung der Kinder nach Kräften unterstützt werden, denn sie leisten im Moment einen noch wichtigeren Beitrag für unsere Solidargemeinschaft als ohnehin schon.