Kampf ums Kind

Schon kurz nach der Geburt ist Daniel G. allein für sein neugeborenes Kind verantwortlich. Die Kindsmutter leidet an Depressionen, muss psychologisch intensiv behandelt werden. Die Familie bricht auseinander, Daniel G. steht als alleinerziehender Vater da. Die ersten 15 Monate verbringt seine Tochter bei ihm. Doch als sich die Mutter als gesund zurückmeldet, beginnt ein erbitterter Streit ums Kind. Im Auftrag des Gerichts befindet eine Gutachterin, dass die Tochter bei der Mutter besser aufgehoben sei, sie bescheinigt Daniel G. schwere charakterliche Defizite. Drei Gegengutachten lässt Daniel G. erstellen. Alle drei werfen der Gutachterin des Gerichts vor, unfair beurteilt und wissenschaftliche Standards nicht eingehalten zu haben.

"Schlechte Familienrechtsgutachten sind ein Problem", erklärt Christoph
Berndt von der Rechtsanwaltskammer und beklagt, dass Richter auf dieser
Basis dann unrichtige Urteile fällen und der Konflikt durch einen
jahrelangen Rechtsstreit nur noch weiter eskaliert. Auch im Fall Daniel
G. beginnt eine juristische Schlammschlacht, in der das Kind
traumatisiert, die Eltern psychisch aufgerieben werden.

Wenn Eltern unverheiratet waren oder sich nicht einigen können, haben
beim Streit ums Kind meist Familienrichter und von ihnen beauftragte
Gutachter das letzte Wort. Sie entscheiden, welches Elternteil für das
Kind besser geeignet sein soll.

Psychologen kritisieren, dass Familienrichter Eltern dabei häufig in
Gewinner und Verlierer unterteilen und das Kind nur einem Elternteil
zusprechen, weil sie das für eine eindeutige und dauerhafte Lösung
halten. "Doch ein Urteil, das für Kinder den Verlust eines Elternteils
bedeutet, ist kein Schlussstrich, wie heute immer noch etliche Richter
wie auch Gutachter glauben", beklagt der Psychologie-Professor und
Familienrechtsgutachter Uwe Jopt aus Lemgo. Dann ginge der Streit meist
erst richtig los und würde die kindliche Psyche noch mehr verletzen, mit
fatalen Auswirkungen, so der Psychologe.

Etwa 150.000 minderjährige Kinder erleben jedes Jahr, dass sich ihre
Eltern scheiden lassen: Ein emotionaler Super-GAU, der - da sind sich
Psychologen einig - besser abgemildert wird, wenn das geschiedene Paar
sich weiter die elterliche Sorge teilt, das Kind also weiterhin Kontakt
zu beiden Elternteilen hat.

Dennoch haben - so schätzten Experten - rund eine Million Kinder in
Deutschland mit einem Elternteil keinen Umgang. Die Gründe dafür sind
vielfältig. Nicht wenige Mütter oder Väter haben den Kontakt auf eigenen
Wunsch abgebrochen, sich oft auch unverantwortlich verhalten. Doch für
die Psychologin Julia Zütphen, die die Folgen von familienrechtlicher
Begutachtung auf Kinder und Eltern wissenschaftlich untersucht hat,
steht fest: "Es gibt auch tausende Mütter und Väter, die bis zur
Trennung eine liebevolle Kind-Eltern-Beziehung pflegten, keinerlei
kindeswohlgefährdende Verhaltensweisen an den Tag legten und trotzdem
keine Beziehung zu ihrem Kind mehr haben, obwohl der Umgang mit beiden
Eltern als prinzipielles Recht des Kindes im Gesetz verankert ist."

"ZDFzoom" geht der Frage nach, warum deutsche Familiengerichte das
eigentliche Ziel - das Wohl des Kindes - so häufig aus den Augen
verlieren. Warum gießen Gutachter im Sorgerechtsstreit Öl ins Feuer
statt eine einvernehmliche Lösung im Sinne des Kindes zu finden?

Film von Rainer Fromm und Michael Strompen


Mittwoch, 26.10.2011 22:55 - 23:25 Uhr

VPS 26.10.2011 22:55

Länge: 30 min

Dokumentationsreihe, Deutschland, 2011

16 zu 9
HD = Highdefinition (Hochauflösendes Fernsehen)

Wdh. am 26.10.2011 04:00 Uhr Nachtprogramm
VPS 27.10.2011 04:00