Aktuelle Veröffentlichung der Studie

Der aktuelle Stand der Studie steht auf der WEB-Seite des Projekt Petra zum Download.

Offene Fragen zur Veröffentlichung der Studie

Die WEB-Seite "kindeswohlundumgangsrecht" analysiert die Vorgänge rund um die gleichnamige Studie die nun entsprechend eines Gerichtsbeschlusses vom Bundesfamilienministerium nicht mehr unter Verschluss gehalten werden darf.

Zeitliche Abläufe, politische Einflussnahmen und nachträgliche Änderungen werden unter https://kindeswohlundumgangsrecht.de/ ebenfalls dokumentiert.

Seitens des Bundes-Familienministeriums ist geplant, die offizielle Studie morgen der Öffentlichkeit vorzustellen.

Wir werden nach eigener Analyse weiter Stellung beziehen.

Chronologie der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“

Wie politisch darf eine wissenschaftliche Studie sein?

Die Studie Kindeswohl und Umgangsrecht ist seit Jahren überfällig. Seit Beginn steht sie unter massiver Kritik und dem Verdacht politischer Einflussnahme. Was kann man von dieser Studie erwarten? Warum wird die Arbeit der Wissenschaftler politisch verschleiert und verzögert? Ein Versuch der Aufarbeitung.

Was ist die beste Betreuungsregelung für Kinder nach einer Trennung? Zahlreiche Studien hatten sich international seit vielen Jahrzehnten mit dieser Frage beschäftigt. Wobei, es ging meist nicht um die Frage der „besten“ Betreuungsregelung, sondern darum, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Betreuungsregelungen vom Kontaktabbruch über Residenzmodell bis hin zur Doppelresidenz für Kinder haben.

Während man sich sonst regelmäßig auch auf internationale Forschungsergebnisse bezieht, kam dies für die deutsche Politik nicht infrage. Nach jahrzehntelanger Untätigkeit der Politik im Bereich des Familienrechts und einer massiven Vernachlässigung der sozialwissenschaftlichen Forschung im Bereich der Nachtrennungsfamilie wollte man eigene, deutsche Erkenntnisse. Weshalb belgische, französische, dänische, spanische oder schweizer Kinder so grundlegend anders sein sollten als deutsche Kinder konnte allerdings niemand so wirklich erklären.

2014 wurde daher beschlossen, eine „deutsche“ Trennungskinderstudie in Auftrag zu geben, welche spätestens Ende 2018 fertiggestellt sein sollte. Schon zu Beginn kam der Verdacht auf, dass die Studie vor allem einen Zweck hatte: Zeit zu gewinnen, um politisch nicht tätig werden zu müssen. Im Verlauf gab es mehrere Änderungen am Studiendesign und zahlreiche Widersprüche in Ausführungen und politischen Aussagen. Verstärkt zeigt sich der Verdacht, dass die Studie aus politischen Gründen verzögert und manipuliert wurde. Die nachfolgende Aufstellung, erstmals erstellt im November 2020, zeigt daher die einzelnen Schritte der Entstehung der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ auf und wird mit jeweils aktuellen Informationen ergänzt.
 

2014  Die Politik initiiert ein Forschungsvorhaben

Unterstützt vom familienpolitischen Sprecher der CDU, Marcus Weinberg, wurde durch das Bundesfamilienministerium im Frühjahr 2014 beschlossen, eine entsprechende Deutsche Studie in Auftrag zu geben.

2015  Die Ausschreibung läuft

Am 14.04.2015, 10 Monate nach der Bekanntgabe des Vorhabens, wurde die Ausschreibung der Studie gestartet und dies auch in der Presse bekanntgegeben.

Laut Ausschreibung sollte das Forschungsvorhaben Mitte 2015 begonnen und „spätestens Ende 2018 mit der Abgabe des Schlussberichts abgeschlossen sein“. Dafür startete die Ausschreibung ziemlich spät. Insgesamt sollen für das Forschungsvorhaben rund 2,2 Mio EUR Steuergelder aufgewendet werden.

Die Diskussion um Betreuungsmodelle für Kinder getrennter Eltern bekam am 2. Oktober 2015 noch einmal einen deutlichen Impuls, hin zu gemeinsam gelebter Elternverantwortung. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates verabschiedete mit der einstimmig angenommenen Resolution 2079(2015) unter dem Titel „Gleichwertige und gemeinsame elterliche Verantwortung: die Rolle der Väter“ eine Aufforderung an die Mitgliedsstaaten, die Doppelresidenz als Leitbild im Familienrecht in allen 47 Mitgliedsstaaten zu etablieren.

Wird auch sonst die besondere Bedeutung Europas und die Bedeutung der Grund- und Menschenrechte betont, so ließ das Bundesjustizministerium unmittelbar nach Beschluss der Resolution verlauten, „die Bundesregierung plane derzeit nicht, die Resolution des Europarates zeitnah umzusetzen“.

Bereits 2015 wurden erste Zweifel laut, dass die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ lediglich in Auftrag gegeben wurde, um dringend notwendige, gesetzgeberische Maßnahmen in der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages (2013 – 2017) zu verhindern und in die nächste Legislaturperiode zu vertagen, der eine oder andere vielleicht in der Annahme, sich selbst dann nicht mit diesem politisch „unbequemen“ Thema beschäftigen zu müssen. Den Gedanken sollte man sich für den weiteren Fortgang konservieren.

Die Studie wurde am 25. November 2015 durch das Bundesfamilienministerium an die Bietergemeinschaft aus dem Zentrum für klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen und der Forschungsgruppe PETRA gGmbH vergeben. Auftrag war, wissenschaftliche Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie der Umgang zwischen Kindern und ihren getrenntlebenden Elternteilen gestaltet werden kann, um den Bedürfnissen der Kinder bestmöglich gerecht zu werden. Die Studie sollte darlegen, welche Faktoren relevant sind, um dem unbestimmten Begriff des „Kindeswohls“ bestmöglich gerecht zu werden.

Zur Studie wurde ein wissenschaftlicher Beirat berufen, der die Durchführung der Studie nach wissenschaftlichen Standards begleiten und überwachen sollte. Die Mitglieder des Beirates wurden nicht öffentlich bekannt gegeben.
 

2016  Die Arbeit an der Studie beginnt

Im Frühjahr 2016 hat die Petra gGmbH dann vermutlich ihre Arbeit mit den Eltern aufgenommen, was angesichts der notwendigen Vorarbeiten für ein solches Projekt und der notwendigen Abstimmungen als zügig bezeichnet werden kann. Für das Projekt wurde eine eigene Homepage eingerichtet (http://kindeswohl-umgangsrecht.de), welche mittlerweile nicht mehr aktiv ist.

Die Eltern wurden mit folgendem Brief angeschrieben:

Zahlreiche Organisationen riefen zur Mitwirkung an der Studie auf und auch uns erreichten auf verschiedenen Wegen Berichte über die Durchführung der Studie die darauf schließen ließen, dass die Befragungen neutral und kindgerecht unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen durchgeführt wurden.

Bereits im August 2016 erhielten wir erste Rückmeldungen von Eltern, dass Termine abgesagt wurden. Offensichtlich wurde das Studiendesign geändert, Interviews auch mit den Eltern wurden nur noch durchgeführt, wenn das Einverständnis beider Eltern vorlag. Ebenso sollten künftig nur noch Kinder interviewt werden, wenn von beiden Eltern das Einverständnis vorlag.
Dies, obwohl vorher rechtlich abgeklärt wurde, dass die Durchführung von Interviews mit den Kindern unter die Alltagssorge fällt und somit nicht das Einverständnis beider Eltern notwendig wäre.

Ausnahme waren alleinsorgeberechtigte Eltern (in der Regel Mütter), bei denen sowohl für das Elterninterview wie auch für das Kinderinterview das Einverständnis alleinsorgeberechtigten Elternteils ausreichte.

Solche Änderungen im Studiendesign sind ungewöhnlich, zumal dies nicht auf rechtlichen Erfordernissen beruhte. Es wurde schnell die Vermutung laut, dass der wissenschaftliche Beirat zu diesen Änderungen weder involviert noch informiert wurde. Es bestand (und besteht) der Verdacht der politischen Einflussnahme auf die Durchführung der Studie.


2017  Änderungen im Studiendesign und politische Diskussionsprozesse

Im Januar 2017 ließ sich aus Rückmeldungen von Eltern erkennen, dass es erneut Änderungen am Studiendesign gegeben zu haben schien. Ehemals offene Fragen wie „Können Sie sich mit dem anderen Elternteil in Bezug auf die Kinder harmonisch abstimmen“ konnten nun wohl nur noch als ja/nein-Fragen beantwortet werden.

Aus den Gesprächen, die die Eltern mit den Interviewern führten, ließ sich auch in Erfahrung bringen, dass es kaum zu interviewende Kinder aus schwierigen Trennungen geben würde, obwohl ja deren Situation gerade verbessert werden sollte.

Im Februar 2017 erhielt die Debatte um Betreuungsmodelle für Kinder getrennter Eltern eine neue Dynamik, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt hatte, dass auch die Doppelresidenz im Rahmen des geltenden Rechts auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden könne. Obwohl der rechtliche Rahmen hierzu bereits viele Jahre zuvor durch den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auch für Deutschland verbindlich geregelt wurde, hatten die weitaus meisten Gerichte in Deutschland sich bis dahin der Anordnung der Doppelresidenz widersetzt. Der BGH hatte nun sehr deutlich dargelegt, dass die Instanzengerichte weit überwiegend unzutreffend argumentiert und entschieden hatten.

Der Entscheidung des BGH hat doppelresidenz.org einen umfangreichen Fachartikel gewidmet: 

Die „Interessengemeinschaft Jungen, Männer, Väter“ gab im März 2017 eine umfangreiche Aufarbeitung der Rahmenbedingungen rund um die Studie und deren Hergang mit entsprechenden Kritikpunkten heraus. Hier gab es auch erstmals Anhaltspunkte zu den Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirates, wobei „wissenschaftlich“ mit großen Fragezeichen betrachtet werden müsste, da hier zum großen Teil politische Akteure vertreten waren.

Es gab dann im Frühjahr 2017 mehrere Aufrufe und Interviews, um weitere Studienteilnehmer zu finden:

Am 17.07.2017 wurden im Rahmen der Zukunftsgespräche „Gemeinsam getrennt erziehen“ im Bundesfamilienministerium erste Details zu Art und Durchführung der Studie präsentiert.

Vorgestellt werden sollten die Ergebnisse durch Herrn Dr. PD Peter Büttner, aufgrund dessen Verhinderung übernahm die Vorstellung Frau Dahlbüdding aus dem Bundesfamilienministerium.

Präsentiert wurde auch der Zwischenstand zur Datenerhebung. Es lagen bereits 932 Anmeldungen vor (Ziel 1.200), 628 Interviews sollen bereits erfasst worden sein. Als Fertigstellungstermin des Abschlussberichtes wurde hier noch Dezember 2017 angegeben.

Auffällig an dem Bericht war, dass auf Seite 10 das Thema „Häusliche Gewalt“ herausgestellt wurde, welches vorher weder in der Ausschreibung noch in der Systematik zur Studie erwähnt wurde.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass bei dem Thema anscheinend ausschließlich über Frauenhäuser Teilnehmerinnen rekrutiert wurden und dort von einer „eindeutigen“ Opfersituation ausgegangen wurde. Männliche Opfer häuslicher Gewalt scheinen hier ebenso wenig berücksichtigt worden zu sein wie die Tatsache, dass es gerade im Zusammenhang von Trennung und Scheidung auch immer wieder Fälle gibt, in denen eben keine eindeutige Opfersituation besteht, sondern der Aufenthalt im Frauenhaus in einigen Fällen auch aus taktischen Gründen zur Erlangung von Vorteilen im familiengerichtlichen Verfahren missbraucht wird (vergl. Busse, Steller, Volbert, „Sexueller Mißbrauchsverdacht in familiengerichtlichen Verfahren“, Praxis der Rechtspsychologie 10 (Sonderheft 2), November 2000 

Das zweite Zukunftsgespräch fand dann am 20.09.2017 im Bundesfamilienministerium statt. Dort wurden von Prof. Petermann bereits erste Teilergebnisse vorgestellt.

Leider sind die Vorträge der Veranstaltung, anders als beim ersten Zukunftsgespräch und anderen Veranstaltungen der Ministerien, nicht veröffentlicht worden, sondern lediglich eine Kurzdokumentation der Veranstaltung.

Die durch das Bundesfamilienministerium veröffentlichte Kurzdokumentation enthält in ihrer Darstellung allerdings einige auffällige Lücken. So wurde im Vortrag von Prof. Petermann klar benannt, dass überwiegend betreuende Elternteile häufiger finanzielle Probleme haben – eine für die Diskussion um Kinderarmut und Armut von Alleinerziehenden durchaus wichtige Tatsache.

Gleiches gilt für den Umstand, dass die Eltern die Probleme und Streitigkeiten deutlich dramatischer bewerteten als die Kinder. Hierzu wurde im Vortrag auch angemerkt, dass dies in zahlreichen weiteren Studien international ebenfalls festgestellt wurde. Weshalb das Ministerium diese Punkte unerwähnt ließ und auch die Vorträge nicht veröffentlichte, wirft Fragen auf.

Eine Fotodokumentation des Vortrages haben wir zum Download zur Verfügung gestellt.

Der Abschluss der Studie wurde hier noch für Anfang 2018 angekündigt, also in 3 – 5 Monaten, was darauf schließen lässt, dass die Wissenschaftler zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Arbeit bereits weit fortgeschritten waren.

Noch in einem Bericht in der Südwestpresse vom 17.11.2017 wurde die Aussage eines Sprechers des Bundesfamilienministeriums zitiert, dass erste Ergebnisse Anfang 2018 veröffentlicht werden.

Warum wurde es danach still um den Fortgang? Gab es Unruhe, weil die Ergebnisse nicht den politischen Erwartungen entsprachen? Sollte die Studie gar ganz verhindert werden? Hierauf gab es mehrere Hinweise.

Aus dem wissenschaftlichen Beirat war zu vernehmen, dass dieser in keiner Weise mehr eingebunden sei (und vermutlich tatsächlich nie wurde), das Familienministerium schon früh untersagte, dass Treffen protokolliert würden und es eine Art Informationssperre gegeben habe.
 

2018  weitgehend schweigendes Abwarten

Anfang 2018 gab es ein Interview mit dem Studienleiter Dr. Stefan Rücker, in dem auf die Studie Bezug genommen wurde. Dort wurde auch über erste Zwischenergebnisse berichtet sowie auf bestehende Defizite in Jugendhilfe und Familiengerichtsbarkeit hingewiesen.

Der FDP-Abgeordnete Daniel Föst fragte am 21.03.2018 nach dem aktuellen Stand zur Studie, ob diese dem Ministerium vorliegen würde und wann mit einer Veröffentlichung zu rechnen wäre.

Die Parlamentarische Staatssektretärin Caren Marks antwortete am 28.03.2018:

„Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ verzögert sich aufgrund einer schweren Erkrankung eines der beiden persönlich verpflichteten Vertragspartner und wird voraussichtlich im Laufe dieses Jahres vorliegen.“

Am 24.05.2018 gab es eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu den psychischen Belastungen von Trennungskindern und ob es hierzu Erkenntnisse gebe.

„Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ in Auftrag gegeben, in der das Kind in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt wird. Im Rahmen der Studie wurden Daten zum Wohlbefinden der Kinder in Trennungsfamilien erhoben, die derzeit ausgewertet werden.“

Hier wurde zumindest klargestellt, dass die Datenerhebung abgeschlossen sei.

Das Familienministerium gab dann am 01.09.2018 eine Hintergrundmeldung unter dem Titel „Partnerschaftlichkeit nach der Trennung ermöglichen“ heraus, in welcher allgemein auf die Studie Bezug genommen wurde.

Ansonsten blieb das Jahr 2018, in dem die lang erwartete Studie veröffentlicht werden sollte, erstaunlich ereignislos.
 

2019  Das politische Versteckspiel um die fertige Studie

Am 16.01.2019 hielt Herr Dr. Rücker auf Einladung des Familienministeriums NRW einen Vortrag 

Hier wurde ein allgemeiner Überblick über die wissenschaftliche Diskussion rund um die Betreuungsmodelle und die Doppelresidenz gegeben und festgehalten, dass es zwar durchaus Vorteile in Bezug auf die Doppelresidenz gebe, die Forschungslage aber nicht unumstritten sei (wie vermutlich viele Forschungsergebnisse), zumal die Unterschiede zwischen den Betreuungsmodellen meist recht gering wären.

Auf konkrete Nachfrage nach den Ergebnissen der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ bat er um Verständnis, dass er hierzu nichts sagen dürfe, da das Bundesfamilienministerium hierzu das Recht in Anspruch nehme, als erste über die Ergebnisse zu berichten.

Am 16.02.2019 ließ das Familienministerium in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen verkünden, dass die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ voraussichtlich im Frühjahr (2019) vorliegen werde.

Am 23./24.05.2019 nahm Herr Dr. Rücker an der internationalen Konferenz „Gleichwertige und gemeinsame elterliche Verantwortung“ in Berlin teil und wurde dort von Teilnehmern mit der Aussage zitiert, dass die Studie am 30.04.2019 final dem Familienministerium übergeben wurde.

Am 15.06.2019 nahm er an einer Tagung des Verband Alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) in Bayreuth teil, wo er einen Überblick über die Forschungslage gab und mit der Veröffentlichung der Studienergebnisse im Jahr 2019 rechnete.

Ab spätestens Sommer 2019 häuften sich Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz an das Bundesfamilienministerium auf Herausgabe der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“.

Uns liegen zahlreiche dieser Anfragen und der Antworten vor. Im Wesentlichen wurden die Ablehnungen darauf gestützt, dass die Fertigstellung der Studie sich durch den Tod von Prof. Petermann verzögert hätte, bisher lediglich „erste Entwurfsteile der Studie zur Auswertung“ vorgelegt worden wären und eine finale Fassung noch nicht vorliegen würde.

Dies drängt die Frage auf, weshalb ein Ministerium nur Entwurfsteile einer Studie auswerten sollte? Ist es nicht Sinn und Zweck einer Studie, ein in sich geschlossenes Werk abzuliefern? Ist die Auswertung der Ergebnisse nicht die ureigene Aufgabe der hierfür qualifizierten Wissenschaftler?

Am 06.11.2019 fragte MdB Katrin Werner, Die Linke, ob die Ergebnisse der Studie Kindeswohl und Umgangsrecht in die Ergebnisse der der Arbeitsgruppe „Sorge- und Umgangsrecht“ des BMJV eingeflossen seien.

Antwort durch Christian Lange, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz:

„Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Kollegin, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Studie ist noch nicht abgeschlossen. Es liegen keine Zwischenergebnisse vor. Deshalb konnten die Ergebnisse der Studie nicht in die Beratungen und die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Sorge- und Umgangsrecht“, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung nach Trennung und Scheidung, einfließen.“

Es gibt hier offensichtlich einen erheblichen Widerspruch zwischen den Aussagen der Studienautoren und der Bundesregierung, welche sich in der Folge wiederholen werden.

Denn auch im Jahresbericht 2019 des Projekt Petra, veröffentlicht im Mai 2020, heißt es:

„Entgegen den Erwartungen musste weiterhin an der Studie Kindeswohl und Umgangsrecht gearbeitet werden, weil es Modifikationswünsche der Auftraggeberin (Bundesfamilienministerium) umzusetzen galt.“

Entgegen der Erwartungen“ bestätigt die Aussagen, dass die Studienautoren davon ausgegangen sind, eine fertige und vollständige Studie abgeschlossen und abgeliefert zu haben. Es müssen also dem Ministerium bereits Ergebnisse vorgelegen haben.

Mehr als fragwürdig, wenn es offensichtlich „Modifikationswünsche“ seitens des Bundesfamilienministeriums nach Fertigstellung der Studie gab. Eine Studie ist eine Studie, diese hat nicht „modifiziert“ zu werden, sondern kann höchstens im Rahmen eines wissenschaftlichen Diskurses diskutiert und bei Bedarf auch kritisiert werden, wenn es hierzu Anlass geben sollte. Wenn hier offensichtlich seitens des Ministeriums (erneut) Eingriffe in die Wissenschaftliche Arbeit der Forscher vorgenommen wurden, dann handelt es sich nicht mehr um eine wissenschaftliche Studie, sondern um ein politisches Werk. Die rund 2,2 Mio EUR wurden allerdings für eine wissenschaftlich belastbare Studie investiert, aus der dann gesetzgeberischer Handlungsbedarf abgeleitet werden sollte.

Und erneut die Frage: wurde der wissenschaftliche Beirat involviert? Hat er vielleicht die „Modifikationswünsche“ initiiert? An dieser Stelle sei ein Artikel des ISUV zitiert, der sich auf eine der letzten Aussagen des verstorbenen Prof. Petermann zur Studie bezog:

„Fakt ist, dass nicht alle Mitglieder des Beirats sich durch wissenschaftliche Legitimation ausweisen. Fakt ist, das ergaben ISUV-Recherchen über die Jahre, im Beirat kam es zu heftigen Diskursen und Unterstellungen. Direkt von ISUV darauf angesprochen, ob es über den Beirat zu Beeinflussung gekommen sei, antwortete Professor Petermann bei einem seiner letzten Auftritte: „Ja, das wurde versucht, aber ich lasse mir von denen nicht meinen Ruf als unabhängiger Wissenschaftler kaputt machen.“

Angesichts der bisherigen Widersprüche wundert eine solche Aussage kaum, vielmehr passt diese haargenau ins Bild der Vorkommnisse rund um die Studie Kindeswohl und Umgangsrecht.

In einer weiteren Veranstaltung des VAMV am 13.11.2019 wiederholte Dr. Rücker im Wesentlichen seinen Vortrag vom Juni und stellte eine Veröffentlichung der Ergebnisse für das Jahr 2020 in Aussicht.

In der ZEIT wurde Dr. Rücker dann am 14.11.2019 noch zu den bevorstehenden Reformen im Familienrecht und seine Sicht dazu aus psychologischer Sicht befragt.

Zum Jahresabschluss gab es dann noch ein Interview von Dr. Rücker in der taz vom 14.12.2019, in dem er unter anderem sagte:

Wir sehen in verschiedenen Studien, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität am höchsten ist, wo gewährleistet ist, dass Kinder zu beiden Elternteilen Kontakt haben können, und zwar regelmäßig. Gerade in Trennungsphasen sehen Kinder ein Elternteil, oft den Vater, ja über Wochen nicht, und das sorgt dafür, dass Kinder hochgradig beunruhigt sind.“

Es darf vermutet werden, dass er eine solche Aussage nicht treffen würde, wenn diese seinen eigenen Feststellungen widersprechend würden.

2020  Die politischen Manipulationen werden offensichtlich

Am 20.01.2020 veröffentlichte der Verein efkir eine kritische Stellungnahme zu den Abläufen rund um die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ und den aufgetretenen Widersprüchen in den Darstellungen. Auch hier wurde der Verdacht der bewussten Verzögerung und der Manipulation der Ergebnisse gesprochen.

Im Zuge der Ausstrahlung des Films „Weil Du mir gehörst“ äußerte sich Dr. Rücker dann umfangreich im Rahmen der anschließenden Experten-Diskussionsrunde – zu den Details der von ihm und seinen Kollegen durchgeführten Studie durfte er aber auch hier noch nichts sagen, trotzdem waren die Aussagen klar und richtungsweisend.

Im Frühjahr / Sommer 2020 hielt das Ministerium noch immer an seiner Linie, es würden bisher nur erste Entwurfsteile vorliegen, fest, wenn Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt wurden. Diese würden keine amtlichen Informationen im Sinne von §1 IFG darstellen.

Ergänzt wurden die Antworten um folgenden Hinweis:

„Selbst wenn es sich bei den von Ihnen angefragten Informationen um amtliche Informationen i.S.d. IFG handelte, wäre der Informationsanspruch gemäß § 3 Nr. l g) IFG ausgeschlossen, da das Bekanntwerden der von Ihnen begehrten Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines seit 24. November 2019 beim Verwaltungsgericht Berlin- anhängigen Gerichtsverfahrens (Az. VG 2 K 28l.l9) haben könnte, in welchem es um die Herausgabe der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht" sowie der dem BMFSFJ dazu vorliegenden Entwurfsteile geht.“

Man darf sich durchaus die Frage stellen, welche negativen Auswirkungen die Herausgabe auf das Verwaltungsgerichtsverfahren haben sollte. Könnte sich dabei ein Widerspruch zwischen den Bekundungen des Ministeriums, auch gegenüber dem Parlament, und den nachprüfbaren Tatsachen ergeben?

Auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion (BT Druck 19/21185) zum aktuellen Verfahrensstand zum angekündigten Gesetzentwurf zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts antwortete die Bundesregierung am 05.08.2020:

„1. Welche konkreten Anstrengungen hat die Bundesregierung bislang unternommen, um die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ zum Abschluss zu bringen? Sind weitere Anstrengungen geplant? Wenn ja, welche?

Nach dem Ableben des Studienleiters, Herrn Prof. Dr. Petermann, wurde nach einer geeigneten Nachfolge zur Finalisierung der Studie in dessen Sinne gesucht. Hierzu befinden sich Frau Prof. Dr. Walper, Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut, und die Studiennehmerinnen und -nehmer derzeit im Austausch zur Klärung fachlicher Fragen. Daneben müssen rechtliche Fragen geklärt werden.

2. Auf welche ausstehenden rechtlichen Fragen erhofft sich die Bundesregierung durch die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ Antworten?

Die Bundesregierung erwartet durch die Studienergebnisse die Entwicklung eines Maßstabs zur Gestaltung eines Umgangs, der dem Wohl des Kindes bestmöglich entspricht. Daraus können sich ggf. auch gesetzgeberische Handlungsbedarfe etwa im Kindschaftsrecht ergeben.

3. Wurden der Bundesregierung seit 2015 (einzelne) Studienergebnisse vorgelegt? Wenn ja, wann, und welchen Inhalts?

Der Bundesregierung liegen bislang keine finalen Studienergebnisse vor.

4. Fallen durch die Verzögerung des Abschlusses der Studie zusätzliche Kosten an? Wenn ja, in welcher Höhe?

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Zuge der Finalisierung der Studie durch die Einbeziehung einer Nachfolge für den verstorbenen Studienleiter Prof. Dr. Petermann zusätzliche Kosten anfallen, deren Höhe derzeit noch nicht beziffert werden kann.

5. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wann der Abschluss der Studie erfolgen soll? Wenn ja, wann? Wenn nein, wieso nicht?

6. Ist eine Veröffentlichung der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ zeitnah geplant? Wenn ja, wann? Wenn nein, wieso nicht?

Die Fragen Nr. 5 und Nr. 6 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ wird voraussichtlich bis Ende dieses Jahres abgeschlossen und veröffentlicht sein.

7. Für welche geplanten politischen Entscheidungen sind die Ergebnisse der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ von Bedeutung (bitte begründen)?

Die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ legt einen Schwerpunkt auf die Perspektive des Kindes. Die Bundesregierung wird anhand der Ergebnisse prüfen, ob und welche politischen Entscheidungen für das Wohl der Kinder im Falle der Trennung der Eltern erforderlich sind.

8. Sollen die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ in den angekündigten Referentenentwurf zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts einfließen? Wenn nein, wieso nicht?

Sobald die Ergebnisse der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ vorliegen, wird geprüft werden, inwieweit sie im Rahmen der Reform des Sorge- und Umgangsrechts zu berücksichtigen sein werden.“



Diese Antwort ruft einige Fragen auf den Plan.

  1. Wenn nach Aussage der Studienautoren die Studie bereits am 30.04.2019 dem Familienministerium übergeben wurde, weshalb muss dann aufgrund des Ablebens von Prof. Petermann am 01.08.2019 ein Nachfolger für ihn gefunden werden?
  2. Hier schließt sich direkt die Frage an, weshalb nicht Herr Dr. Stefan Rücker, der das Projekt von Anbeginn maßgeblich begleitet hat, nicht eventuell notwendige Nacharbeiten hätte vornehmen können? Dr. Rücker war offensichtlich nicht nur für dieses Projekt hinreichend qualifiziert, sondern ist bereits seit vielen Jahren in der Forschung und deren Dokumentation aktiv. https://www.researchgate.net/profile/Stefan_Ruecker
  3. Dass ausgerechnet Frau Prof. Walper hier in die Studienleitung berufen wird, ist in mehrerlei Hinsicht verwunderlich. Frau Prof. Walper war auf der einen Seite Mitbewerberin um die Ausschreibung der Studie. Andererseits ist Sie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats zur Studie, müsste sich also quasi selbst kontrollieren. Zudem ist Frau Prof. Walper und ihr Deutsches Jugendinstitut (dji) sozusagen „Hausforschungsstätte“ des Familienministeriums, in vielen Gremien des Ministeriums vertreten und wirtschaftlich durch zahlreiche Forschungsaufträge eng mit dem Familienministerium verbunden.
    In der Vergangenheit ist das dji mehrfach damit aufgefallen, dass es wissenschaftliche Aussagen zum Wohlbefinden von Kindern in Trennungsfamilien fast ausschließlich aus den Ergebnissen der Befragung der Mütter ableiteten, (z.B. AID:A-Survey „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ https://www.vamv-berlin.de/wp-content/uploads/2020/03/Vortrag_Gelebte-Realit%C3%A4t-Familien-nach-Trennung-und-Scheidung-in-Deutschland.pdf) oder mit sehr fragwürdigen/ tendenziösen Interpretationen von wissenschaftlichen Studien zu Betreuungsmodellen auffielen (Fachtag „Wechselmodell – Kinder im Fokus von Trennung und Scheidung“, 07.12.2015, Schwerin)
  4. Inwiefern ist die Bestellung einer neuen Studienleitung eines anderen Instituts überhaupt konform mit den Vergaberichtlinien für solche öffentlichen Aufträge? Wäre es nicht Aufgabe der Auftragnehmer, für entsprechenden Ersatz zu sorgen?
  5. In der öffentlichen Ausschreibung ist lediglich die Vergabe an die Forschungsgruppe Petra gGmbH dokumentiert (https://ausschreibungen-deutschland.de/269012_Durchfuehrung_der_Studie_Kindeswohl_und_Umgangsrecht_2016_Berlin ). Das Ableben des Prof. Petermann dürfte somit in Bezug auf die Ausschreibung und die Fertigstellung der Studie überhaupt keine Bedeutung haben.
  6. Wenn bei Frage 3 explizit gefragt wird, ob der Bundesregierung seit 2015 auch einzelne Ergebnisse vorgelegt wurden und darauf von der Bundesregierung geantwortet wird, dass keine finalen Ergebnisse vorliegen würden, so kann dies wohl nur als Irreführung des Parlaments betrachtet werden

Im Spätsommer 2020 werden dann aus dem Justizministerium erste Referentenentwürfe zur Reform des Kindschaftsrechts bekannt. Eine der wichtigsten Aussagen dabei:

„Für die ganz große Familienrechtsreform reicht die Zeit tatsächlich nicht“

Pressemitteilung des Väteraufbruch für Kinder e.V.: Familienrechtsreform – Ministerin Lambrecht tritt Kinderrechte mit Füße

Pressemitteilung des Väteraufbruch für Kinder e.V.: Anstehende Reformen – ein verfassungswidriger Totalausfall 

Gehen wir jetzt gedanklich in das Jahr 2014 zurück und der bereits dort befürchteten Verzögerungstaktik, so bestätigt sich diese augenscheinlich.

Im Dezember fragte dann erneut die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr nach der der Fertigstellung der Studie. Und nun lautete die Antwort, dass mit einer Fertigstellung leider erst 2021 gerechnet werden könne. Abschließende Arbeiten würden noch ausgeführt und nach dem Tode von Prof. Petermann wäre Frau Prof. Walper hinzugezogen worden. Und natürlich würde auch Corona zu Verzögerungen führen.
 

2021  Das Jahr der Offenbarung?

Irgendwann einmal musste das Fass zum Überlaufen kommen. Anfang Februar 2021 veröffentlichten Spiegel und FAZ nahezu zeitgleich zwei große Artikel, welche auf Widersprüche in den Ausführungen des Ministeriums hinwiesen. Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates erklärten, dass sie seit Jahren selbst auf Nachfrage keine Antwort aus dem Ministerium erhalten und dass der Beirat auch sonst nicht involviert wird. Die Studienleiter beteuern, dass sie bereits 2019 eine fertige, allen wissenschaftlichen Gütekriterien entsprechende Studie ans Ministerium geliefert hätten. Details dürften sie aber aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit dem Ministerium nicht nennen.

Das Ministerium beteuerte erneut seine Unschuld und blieb seiner üblichen Argumentation treu, der aber mittlerweile zahlreiche Insider widersprochen hatten.

Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 06.02.2021: Kampf ums Kindeswohl

Artikel des Spiegel vom 05.02.2021: Das Rätsel um die Trennungskinder-Studie (Paywall)


Zwischenfazit

Es ist im Februar 2021 absehbar, dass in dieser Legislaturperiode keine wesentlichen Änderungen mehr am Kindschaftsrecht vorgenommen werden. Im Herbst 2021 ist die nächste Bundestagswahl, jetzt werden nur noch die „Restarbeiten“ erledigt, bevor man sich wieder in den Wahlkampf begibt. Auch 6 ½ Jahre, nachdem man sich für die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ entschieden hat, liegt noch immer nichts vor und die Anhaltspunkte, dass diese Studie massiver politischer Beeinflussung unterliegt, werden immer deutlicher.

Auch in der Opposition ist mittlerweile wohl das Maß an Unzufriedenheit und Misstrauen in das Vorgehen der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Familienrecht völlig zerstört. So schreibt die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr in einem Pressestatement vom 20.11.2020:

„Das gemeinsame Sorgerecht ab Geburt ist überfällig - das hat eine Expertenarbeitsgruppe bescheinigt. Diese Arbeitsgruppen haben für das Ministerium aber offenbar ohnehin nur Alibi-Funktion. Entweder werden ihre Ergebnisse sogar vor den Parlamentariern vorsichtshalber geheim gehalten - wie nun bei der Arbeitsgruppe „Kindesunterhalt nach Trennung und Scheidung” oder ignoriert. Auch die PETRA-Studie zu Kindeswohl und Umgangsrecht hat noch immer nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Es bleibt nur zu mutmaßen, welche Kräfte hinter verschlossenen Türen warten.“

Der Eindruck, das wissenschaftliche Erkenntnisse und Expertenempfehlungen in den SPD-geführten Ministerien bei Themen rund um die Familie immer wieder zugunsten der eigenen, parteipolitischen Interessen ignoriert werden, ist nicht von der Hand zu weisen.

Die Ergebnisse der Evaluationsstudie von Prof. Proksch „Begleitforschung zur Umsetzung der Neuregelungen zur Reform des Kindschaftsrechts“ hatten 2002 bereits aufgezeigt, das die gemeinsame Sorge beider Eltern positive Auswirkungen zeigte und Eltern vor allem besser unterstützt werden müssen. Die Ergebnisse der Studie sind bis heute nicht umgesetzt, die Studie (mit Steuergeldern durch das Bundesjustizministerium finanziert) ist nach unserem Kenntnisstand nicht mehr öffentlich verfügbar und vermutlich im „Giftschrank“ für progressive Studien gelandet.

Zum Thema „Gewalt gegen Männer“ gab es im Familienministerium bereits 2004 eine mit Steuergeldern finanzierte Pilotstudie (https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/studie--gewalt-gegen-maenner/84660 ), die unter anderem feststellte:

„Inzwischen ist die Pilotstudie mit einem beachtlichen Gewinn an neuen Erfahrungen und wichtigen ersten Ergebnissen abgeschlossen. Diese machen deutlich, wie wichtig es ist, die ins Auge gefasste Hauptstudie an einer repräsentativen Stichprobe der männlichen Bevölkerung durchzuführen. Die Ergebnisse dürften wesentlich dazu beitragen, die Situation von männlichen Opfern von Gewalt, ähnlich wie das vor Jahrzehnten mit weiblichen Gewaltopfern der Fall war, mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und damit auch den Zugang zu Hilfsmöglichkeiten zu erleichtern.“

Auch 16 Jahre später hat sich hier noch immer nichts getan und die Kommunikation des Bundesfamilienministeriums erweckt den Eindruck, als wenn man die Ergebnisse der selbst in Auftrag gegebenen Studie nur allzu gerne ignoriert.

2018 empfahl eine Expertengruppe des Finanzministeriums eindringlich die Abschaffung des Ehegattensplittings – dieser Empfehlung erteilte das SPD-geführte Finanzministerium umgehend eine Absage.

2019 empfahl eine Expertengruppe des Bundesjustizministeriums in ihren 50 Thesen zur Neugestaltung des Familienrechts einstimmig, die automatische, gemeinsame Sorge ab Geburt auch für nicht verheiratete Eltern vorzusehen. Diese Empfehlung wurde durch das Bundesjustizministerium nicht nur ignoriert, sondern man wollte sogar so weit gehen, dass aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aus dem Jahre 2009 2013 abgeschaffte Veto-Recht der Mutter gegen die gemeinsame Sorge wieder einzuführen (siehe Stellungnahme des Väteraufbruch für Kinder e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abstammungs-, Kindschafts- und Kindesunterhaltsrechts 

Es muss aufgrund dieser und weiterer Beispiele die Frage gestellt werden, inwiefern fachkundige und wissenschaftliche Empfehlungen überhaupt Bedeutung für unsere handelnden Politiker haben oder ob die Millionen an Steuergeldern, die investiert werden, nicht lediglich aus Alibi-Gründen verschwendet werden, um den Entscheidungen ein Deckmäntelchen zu verschaffen.

Welche Ergebnisse auch immer zur Studie „Kindeswohl ungangsrecht vorgelegt werden, diese werden wohl nicht dem entsprechen, was die Wissenschaftler am 30.04.2019 im Bundesfamilienministerium abgeld Umiefert haben.


Für eine Aufklärung der Vorgänge wäre daher die Beantwortung folgender Fragen wichtig:

  • Die mehrfachen Änderungen im Studiendesign wurden aus der Praxis bekannt und nicht durch das Ministerium veröffentlicht.
    • Wie sahen die jeweiligen ministeriellen Änderungsvorgaben konkret aus?
    • Zu welchem Zeitpunkt wurden diese gefordert?
    • Welchen Interviewstand hatte die Studie zu den jeweiligen Zeitpunkten?
  • Wurden, und wenn ja, Interviews, die bis zur jeweiligen Änderung im Studiendesign weiterhin berücksichtigt und wurde, wenn ja wie, die Kompatibilität sichergestellt.
  • Wann wurden welche Informationen von der Forschungsgruppe an das Bundesfamilienministerium gegeben?
  • Welche Unterschiede gibt es zwischen der Fassung 30.04.2019 und einer noch zu veröffentlichenden Fassung?
    • Wenn es Unterschiede gibt, wie und warum kamen diese zustande?
    • Welche Personen sind im wissenschaftlichen Beirat?
      • Nach bisherigen Erkenntnissen (ohne Gewähr, auf Namensnennung der MinisteriumsmitarbeiterInnen wird verzichtet, da die Ansicht vertreten wird, dass diese aus Datenschutzgründen nicht genannt werden dürften):
        • 6 MitarbeiterInnen des BMFSFJ
        • 2 MitarbeiterInnen des BMJV
        • MdB Franziska Brandtner (Grüne)
        • MdB Sönke Rix (SPD)
        • MdB Jörn Wunderlich (Linke)
        • MdB Marcus Weinberg (CDU)
        • Dagmar Coester-Waltjen, Deutscher Ethikrat
        • Prof. Sabine Walper, Forschungsdirektorin Deutsches Jugendinstitut
        • Prof. Hildegund Sünderhauf, Rechtswissenschaftlerin
        • Dr. Jens Pothmann, Fachbereich Erziehungswissenschaften und Soziologie der TU Dortmund
        • Prof. Johannes Münder, Rechtswissenschaftler, Schwerpunkt Sozial- und Zivilrecht
        • Bruno Pfeifle, ehem. Leiter Jugendamt Stuttgart
        • Dr. Marc Serafin, Sozialwissenschaftler, Leiter Jugendamt Sankt Augustin
        • Birgit Zeller, Leiterin des Landesjugendamtes Rheinland-Pfalz
    • Wie wurde der wissenschaftliche Beirat beteiligt?
    • Wie haben sich Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates im Verlauf der Studie geäußert?
    • Gab es politische Einflussnahme auf die Durchführung der Studie?
      • Aus dem Bundesfamilienministerium
      • Von Parlamentariern / Fraktionen
    • Ab wann hätte ein Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz bestanden?
    • War es notwendig bzw. überhaupt ausschreibungsrechtlich zulässig, mit Frau Prof. Walper seitens des Ministeriums jemand neues mit der Fertigstellung der Studie zu beauftragen?

Um die Vorgänge aufklären zu können wird es elementar sein, dass im Ministerium alle Vorgänge ordnungsgemäß dokumentiert und in den Akten festgehalten wurden. Es würde wenig verwundern, wenn hier auf einmal Lücken in der Aktenführung auftauchen. Wie schwierig selbst die parlamentarische Aufklärung ist, zeigt nicht nur die aktuelle Aufarbeitung im Maut-Untersuchungsausschuss, wo auf wundersame Weise immer mehr Widersprüche und Dokumentationslücken festgestellt werden und sich der Eindruck aufdrängt, dass gesetzliche Aufklärungsmöglichkeiten bewusst unterlaufen werden sollen, was einem Demokratieverständnis zuwiderlaufen und das Vertrauen in die Politik massiv unterwandern würde.

Was auch immer dabei herauskommen sollte, die verantwortlichen Bundesministerinnen Giffey und Lambrecht werden dann nicht mehr im Amt sein. Beide haben bereits angekündigt, in der kommenden Legislaturperiode nicht wieder zu kandidieren.

Ob und wann es eine Familienrechtsreform auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und gesellschaftlicher Entwicklungen geben wird oder ob weiterhin parteiideologisch gehandelt wird, ist weiterhin völlig offen. Die politischen Widerstände haben wir versucht in unserem Artikel „Der politische Widerstand gegen die Doppelresidenz – ein Erklärungsversucht“ aufzuklären.
 

2022  ohne Ende

Fakt ist, die Studie ist weiterhin unveröffentlicht, die Berichterstattung in FAZ, Spiegel und Welt hat allerdings für erhebliche Aufmerksamkeit gesorgt.

Mittlerweile gibt es durch das Väternetzwerk aus Nürnberg wohl eine weitere Klage nach dem Informationsfreiheitsgesetz auf Herausgabe der Studie, welche aber, ebenso wie die bereits seit langem laufende erste Klage, noch lange auf dem Rechtsweg festhängen dürfte.

Während die Politik fast durchgängig die Vorgänge kommentarlos hinnimmt (warum?), verspürt man bei der FDP echten Unmut über die Vorgänge. So führt Katrin Helling-Plahr (FDP) in einem Pressestatement aus

Anstatt Transparenz rund um die Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" zu schaffen, setzt die Bundesregierung ihre Verschleierungstaktik fort. Während die Bundesregierung im vergangenen Jahr noch von der Auswertung und Finalisierung der Studie gesprochen hat, rudert sie jetzt sogar zurück und verweist auf noch nicht abgeschlossene Forschungsarbeiten. Welches Spiel die Bundesregierung hier auch spielt, sie spielt es ausgesprochen schlecht. So viele Pleiten und Pannen sind noch nicht einmal dieser Bundesregierung zuzutrauen, das Verhalten deutet mittlerweile auf Kalkül hin.

Aber nicht nur in der Opposition, auch im Familienministerium hat es aufgrund der Veröffentlichungen Bewegung gegeben. Denn dort ging am 22.02.2021 ein Bescheid des Bundesdatenschutzbeauftragten ein, mit dem verfügt wurde, „dass die Arbeiten an der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ aus datenschutzrechtlichen Gründen ausgesetzt werden mussten.“

Gleichzeitig hat man im BMFSFJ eine Arbeitsgruppe „Abschluss der Studie Kindeswohl und Umgangsrecht“ eingesetzt, welche nicht in der Abteilung 5 (Kinder und Jugend), in der die Studie bisher angesiedelt war, sondern in der Abteilung 4 (Gleichstellung) unter der Leitung von Daniela Behrens angesiedelt ist – der Abteilung, der häufig nachgesagt wird, sich ausschließlich um die Belange von Frauen zu kümmern. Auch dies könnte durchaus ein Zeichen sein.

Was genau der Grund für den Bescheid des Datenschutzbeauftragten war, ist bisher nicht bekannt, der zeitliche Zusammenhang mit unseren Veröffentlichungen aber kaum zu übersehen. Es gibt mehrere Thesen, die im Raum stehen:

  1. Es gibt tatsächlich datenschutzrechtliche Bedenken, die eine Weiterarbeit ausschließen. Dagegen spricht, dass der Datenschutzbeauftragte wohl von Anfang an mehrfach in das Studiendesign und die Form der Datenerhebung eingebunden war.
  2. Es ist ein politischer Gefallen des Bundesdatenschutzbeauftragten, der selbst hochrangiger SPDler ist, zur weiteren Verzögerung

Aktuell wurde uns eine Antwort des Bundesdatenschutzbeauftragten auf eine Anfrage eines Bürgers zugespielt. Dort werden Vorwürfe der Gefälligkeit natürlich zurückgewiesen (wer würde so etwas auch schon zugeben). Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass der im Februar 2021 erlassene Bescheid sich auf eine Eingabe aus Juni 2016 beziehen würde. Wer sich jetzt fragt, warum der Bundesdatenschutzbeauftragte dann nicht bereits 2016 tätig wurde, sondern erst 4 ½ Jahre später, nachdem bereits alle Daten erhoben wurden und die Studie bei regulärem Verlauf schon längst veröffentlicht gewesen wäre, der dürfte nicht alleine sein. Auch wenn deutsche Behörden nicht die schnellsten sein mögen, bei einem Thema wie dem Datenschutz 4 ½ Jahre zu warten, das lässt sich nicht mehr plausibel erklären und stärkt den Verdacht der politischen Gefälligkeit unter SPD-Genossen.

Welche Erklärung zutrifft, ob es möglicherweise eine ganz andere gibt, dies bleibt, wie so vieles rund um diese Studie, weiterhin im Dunklen.

Daniela Behrens, die die Leitung der neugegründeten Arbeitsgruppe übertragen bekommen hat, wird zur Aufklärung vermutlich kaum etwas beitragen. Sie kam erst 2019 ins Familienministerium, nachdem sie in Niedersachsen in eine Vergabeaffäre verstrickt war. Nun ist sie der Affäre „Kindeswohl und Umgangsrecht“ zu Anfang März 2021 aus dem Weg gegangen und in Niedersachsen zur Sozialministerin berufen worden.

Allerdings liegt der Fokus auf die Studie mittlerweile nicht nur in Deutschland. Auch die Kinderrechtskommission der Vereinten Nationen hat mittlerweile Interesse daran, dass die Ergebnisse der Studie in die Gesetzgebung einfließen.

So heißt es in einer aktuellen Aufforderung an Deutschland nach Prüfung des 5. und 6. Staatenberichtes und der vorliegenden Alternativberichte, Deutschland habe „sicherzustellen, dass die Ergebnisse der Bundesstudie über das Wohl von Kindern getrennt lebender Eltern (CRC/C/DEU/5-6, Abs. 125) bei der Entwicklung entsprechender politischer oder programmatischer Entscheidungen berücksichtigt werden. (Original-Dokumente: https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRC%2fC%2fDEU%2fQ%2f5-6&Lang=en ).

Die Vereinten Nationen dürften ein Interesse daran haben, dass hier die originalen Ergebnisse dem Gesetzgebungsprozess zugrunde gelegt werden. Auf die Gefahr einer Manipulation der Studienergebnisse und der Wirrungen rund um deren Veröffentlichung hatte der Väteraufbruch für Kinder e.V. bereits im Juni 2020 in seinem Alternativbericht (https://vaeteraufbruch.de/uploads/media/VAfK-Alternativbericht-UN-CRC.pdf ) hingewiesen, weshalb nun auch die internationale Ermahnung an Deutschland ging.

Man muss kein Prophet sein um zu erkennen, dass in dieser Legislaturperiode zur Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ nichts mehr an die Öffentlichkeit gelangen wird. Mit der rechtlichen Überprüfung des Bescheides des Bundesdatenschutzbeauftragten wird sich das BMFSFJ sicherlich Zeit lassen, er ist so gesehen vermutlich wie ein Geschenk für das im Fokus stehende Ministerium, kann es doch jetzt die Verantwortung jemand anderem zuschieben.

Auch Frau Prof. Sabine Walper vom Deutschen Jugendinstitut in München, die mit der „Fertigstellung“ der Studie beauftragt wurde, rückt immer mehr in den Fokus. Zur Anfrage bei „Frag den Staat“ zu Modifikationen in der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“, https://fragdenstaat.de/anfrage/modifikationen-in-der-studie-kindeswohl-und-umgangsrecht/?s=09 gab es am 22.06.2020 eine viele Fragen aufwerfende Antwort. Warum wurden wesentliche Teile aus dem eigentlichen Auftrag nach Jahren herausgenommen? Sowohl die Vertiefungsstudie zu familiengerichtlichen Verfahren als auch die Untersuchung des AID-A-Datensatzes des Deutschen Jugendinstitutes wären von großem Interesse. Da die Auftragnehmer sich zur Erfüllung dieser Auftragsteile bereiterklärt haben, wird es von deren Seite kaum Gründe gegeben haben, dass sie den Auftrag nicht hätten erfüllen können.

Vielmehr muss man sich gerade im Lichte der späteren Wirrungen um diese Studie die Frage stellen, ob das Bundesfamilienministerium vielleicht kein Interesse hatte, solche Ergebnisse geliefert zu bekommen und deshalb die Vertragsbestandteile hat streichen wollen.

Besonders pikant ist die Streichung der Untersuchung des AID:A-Datensatzes, mit dem das Deutsche Jugendinstitut arbeitet. Offensichtlich sah man bei der ursprünglichen Auftragsvergabe noch Bedarf, die wissenschaftliche Qualität dieses Datensatzes absichern zu wollen oder zu müssen. Vielleicht hatte man zu Zeiten, als das Ministerium noch von Katarina Barley geführt wurde, sogar berechtigte Zweifel an diesem? Warum sonst sollte eine externe Überprüfung stattfinden? Jedenfalls erfolgte die Vertragsänderung kurz nach der Amtsübernahme von Franziska Giffey im Bundesfamilienministerium. Ab diesem Zeitpunkt war auch für Außenstehende ein deutlicher Ideologiewechsel festzustellen.

Kein Interesse an der Untersuchung des AID:A-Datensatzes dürfte Frau Prof. Sabine Walper, die Leiterin des Deutschen Jugendinstitutes, gehabt haben. Eben jene Frau Prof. Walper, welche jetzt auf Wunsch des Bundesfamilienministeriums die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ zur Fertigstellung bringen soll. Ob ihr dies grundsätzlich überhaupt neutral möglich wäre (ihr Institut wird weit überwiegend durch das Bundesfamilienministerium finanziert, im Ministerium gibt es ein eigenes Referat für das dji (Ref. 502)), dürfte schon mehr als fraglich sein.

Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass Frau Prof. Walper zunehmend ins Zentrum der aktuellen Manipulationsvorwürfe um die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ rückt und vielleicht den Manipulationswünschen des BMFSFJ ein wissenschaftliches Deckmäntelchen verpassen soll.

Was die Überprüfung des AID:A-Datensatzes betrifft, so gäbe es einen einfachen Weg, hier für Klarheit zu sorgen: die Veröffentlichung des Datensatzes zur Möglichkeit des wissenschaftlichen Peer-Reviews, so wie es viele angesehene Wissenschaftler machen. Da der Datensatz vermutlich überwiegend aus Steuergeldern finanziert worden ist, sollte dieser auch denjenigen, die ihn bezahlt haben (also den Bürgern) zugänglich gemacht werden. Wenn das dji und Frau Prof. Walper wissenschaftlich korrekt gearbeitet haben, dürften sie nichts zu verbergen haben.

 

Wir bleiben an dem Thema dran und hoffen, dass die Ergebnisse der Studie irgendwann einmal vorliegen werden. Unabhängig davon ist auch jetzt schon kein Politiker daran gehindert, notwendige gesetzgeberische Veränderungen zugunsten von Trennungskindern vorzunehmen. Handlungsbedarf gäbe es genug, nur leider keine Motivation der Politik, in diesem Bereich etwas zu unternehmen.

 

Ergänzungen zur Chronik:

18.06.2019 Interview in der Welt mit Dr. Stefan Rücker, „Ein Viertel der Trennungskinder leidet lebenslang“ (Paywall) 

22.06.2020 Anfrage bei „Frag den Staat“ zu Modifikationen in der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ 

Interessant hierbei ist, dass wesentliche Teile aus dem eigentlichen Auftrag nach Jahren herausgenommen wurden. Sowohl die Vertiefungsstudie zu familiengerichtlichen Verfahren als auch die Untersuchung des AID-A-Datensatzes des Deutschen Jugendinstitutes wären von großem Interesse. Da die Auftragnehmer sich zur Erfüllung dieser Auftragsteile bereiterklärt haben, wird es von deren Seite kaum Gründe gegeben haben, dass sie den Auftrag nicht hätten erfüllen können.

Vielmehr muss man sich gerade im Lichte der späteren Wirrungen um diese Studie die Frage stellen, ob das Bundesfamilienministerium vielleicht kein Interesse hatte, solche Ergebnisse geliefert zu bekommen und deshalb die Vertragsbestandteile hat streichen wollen.

Besonders pikant ist die Streichung der Untersuchung des AID:A-Datensatzes, mit dem das Deutsche Jugendinstitut arbeitet. Offensichtlich sah man bei der ursprünglichen Auftragsvergabe noch Bedarf, die wissenschaftliche Qualität dieses Datensatzes absichern zu wollen oder zu müssen. Vielleicht hatte man sogar berechtigte Zweifel an diesem? Jedenfalls erfolgte die Vertragsänderung kurz nach der Amtsübernahme von Franziska Giffey im Bundesfamilienministerium, wobei ab diesem Zeitpunkt auch für Außenstehende ein deutlicher Ideologiewechsel festzustellen war.

Kein Interesse an der Untersuchung des AID:A-Datensatzes dürfte Frau Prof. Sabine Walper, die Leiterin des Deutschen Jugendinstitutes, gehabt haben. Eben jene Frau Prof. Walper, welche jetzt auf Wunsch des Bundesfamilienministeriums die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ zur Fertigstellung bringen soll. Ob ihr dies grundsätzlich überhaupt neutral möglich wäre (ihr Institut wird weit überwiegend durch das Bundesfamilienministerium finanziert, im Ministerium gibt es ein eigenes Referat für das dji (Ref. 502)), dürfte schon mehr als fraglich sein.

Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass Frau Prof. Walper zunehmend ins Zentrum der aktuellen Manipulationsvorwürfe um die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ rückt und vielleicht den Manipulationswünschen des BMFSFJ ein wissenschaftliches Deckmäntelchen verpassen soll.

Was die Überprüfung des AID:A-Datensatzes betrifft, so gäbe es einen einfachen Weg, hier für Klarheit zu sorgen: die Veröffentlichung des Datensatzes zur Möglichkeit des wissenschaftlichen Peer-Reviews, so wie es viele angesehene Wissenschaftler machen. Da der Datensatz vermutlich überwiegend aus Steuergeldern finanziert worden ist, sollte dieser auch denjenigen, die ihn bezahlt haben (also den Bürgern) zugänglich gemacht werden. Wenn das dji und Frau Prof. Walper wissenschaftlich korrekt gearbeitet haben, dürften sie nichts zu verbergen haben.

10.02.2021 Artikel in der Welt: „Ideologische Konflikte – Manipulationsvorwürfe um Giffeys Studie zu Trennungskindern“, 

13.02.2021 Pressemitteilung Väternetzwerk e.V.: Gesetzwidrige Verschleierung der PETRA-Studie, 

25.02.2021 Information des Bundesfamilienministeriums an die Beitragsmitglieder über Einstellungen der Arbeiten an der Studie Kindeswohl und Umgangsrecht aufgrund des Bescheides des Bundesdatenschutzbeauftragten. 

Am 04.03.2021 griff sogar die Kinderrechtskommission der Vereinten Nationen die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ auf. So heißt es in einer aktuellen Aufforderung an Deutschland nach Prüfung des 5. und 6. Staatenberichtes und der vorliegenden Alternativberichte, Deutschland habe „sicherzustellen, dass die Ergebnisse der Bundesstudie über das Wohl von Kindern getrennt lebender Eltern (CRC/C/DEU/5-6, Abs. 125) bei der Entwicklung entsprechender politischer oder programmatischer Entscheidungen berücksichtigt werden.

05.03.2021 Der Spiegel: „Umstrittene Trennungskinderstudie vorerst gestoppt

15.03.2021 Antwort zur kleinen Anfrage der FDP zur Studie Kindeswohl und Umgangsrecht sowie die Antworten der parl. Staatssekretärin Caren Marks: 

Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP-Fraktion inkl. Beirats-Mitglieder: 

19.03.2021 Statement des BMFSFJ zum aktuellen Stand der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“

22.03.2021 Pressestatement von Katrin Helling-Plahr

09.08.2021 Das Verwaltungsgericht Berlin verurteilt das Bundesfamilienministerium, die Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" herauszugeben. Zugrunde lag eine Klage nach dem Informationsfreiheitsgesetz.

02.01.2022 Zwar nicht zur Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht", sondern zur Studie "Familienmodelle in Deutschland" (FAMOD) welche als Kernaussage hat, dass das asymmetrische Wechselmodell für Kinder besser geeignet sei als das symmetrische, wird eine umfangreiche Analyse dieser Studie veröffentlicht (http://dx.doi.org/10.13140/RG.2.2.32370.63688). Neben erheblichen wissenschaftlichen Mängel und nachweisbar falschen Aussagen, nicht zutreffenden Schlussfolgerungen und mangelhafter Darstellung von Zahlen, welche sich so in internationalen Veröffentlichungen der Studienautoren nicht wiederfinden, wurden auch Querverbindungen zu den Vorgängen rund um die Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" gezogen, da die Bundesregierung nach einer kleinen Anfrage der FDP-Fraktion nur wenige Tage nach der Veröffentlichung dieser Studie auf die Frage, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse ihr zur Doppelresidenz vorliegen würden, ausschließlich diese Studie nannte und auch der zeitliche Ablauf der FAMOD-Studie nicht losgelöst von dem der Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" betrachtet werden könne. Es bestehe daher die Vermutung, dass FAMOD als trojanische Studie dienen könne, um politischen Entscheidungen einen politisch genehmen, wissenschaftlichen Beleg zu liefern um Regelungen zu treffen, welche sich anhand belastbarer wissenschaftlicher Daten der Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" nicht hätten rechtfertigen lassen.

11.02.2022 Der Spiegel berichtet über das Urteil zur Veröffentlichung vom 09.08.2021

"Das Familienministerium verweigert weiterhin die Herausgabe der Studie und hat Berufung gegen die Entscheidung beantragt. Es gibt hier zwei gänzlich gegensätzliche Sichtweisen: Die Studie entspricht absolut den wissenschaftlichen Gütekriterien, das bestätigen uns auch unabhängige Fachleute. Wir haben die Vorgaben des Ministeriums, wie besprochen, umgesetzt«, sagt Stefan Rücker, Leiter der Forschungsgruppe Petra. Das Ministerium widerspricht. Eine Sprecherin teilt auf Anfrage erneut mit, es »liegen bislang nur Entwurfsteile in Rohfassung vor«."

Die Darlegungen in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts lassen an der Darstellung des Ministeriums jedoch erhebliche Zweifel aufkommen. Abseits von Fakten wird scheinbar versucht, jegliche Veröffentlichung weiter zu verhindern oder zumindest zu verzögern.

12.02.2022 Der Väteraufbruch für Kinder e.V. fordert in einer Pressemitteilung die nun amtierende Bundesfamilienministerin Anne Spiegel auf, zügig für Aufklärung des Sachverhaltes zu sorgen. Andernfalls würde sie sich politisch mit verantwortlich für den bereits zutage getretenen Skandal machen. Die Frage nach der Qualität der vorliegenden Studienunterlagen ließe sich durch die Veröffentlichung dieser leicht klären. Träfen die Behauptungen des Familienministeriums zu, hätte es nichts zu befürchten und der wissenschaftliche Ruf der Studienautoren wäre ruinier 

Ebenfalls berichtete der Evangelische Pressedienst am 12.02.2022 zu diesem Thema 


... wird fortgesetzt
 

Haben Sie weitere Informationen, Fakten, Belege zum Verlauf der Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“? Dann senden Sie uns diese gern vertraulich per Email an info@doppelresidenz.org.