Vom starren Selbstbehalt zum individuellen Selbstbehalt

Impuls für einen gerechten sozial ausgewogenen Selbstbehalt

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) hat Band 6 seiner Schriftenreihe mit dem Titel „Vom starren Selbstbehalt zum individuellen Selbstbehalt“ herausgegeben. Der Verband möchte mit dieser 60 seitigen Schrift einen Impuls für einen gerechten sozial ausgewogenen Selbstbehalt geben. Das Kernanliegen des Verbandes ist es, die Kluft zwischen den ständig steigenden Kindesunterhaltssätzen und dem seit Jahren stagnierenden Selbstbehalt vollständig abzubauen. Die Autoren der Broschüre sind OLG Richter Heinrich Schürmann, die Rechtsanwälte Professor Dr. Hans-Peter Braune, Georg Rixe, Dr. Marie-Luise Klees-Wambach, Ralph Gurk, Manfred Hanesch sowie der ISUV Bundesvorsitzende Josef Linsler. Heinrich Schürmann ist bekannt als Buchautor und profunder Kenner und Gestalter des Fami-lienrechts und seiner Schnittstellen zu Steuer- und Sozialrecht. Rechtsanwalt Professor Dr. Hans-Peter Braune ist heute rechtspolitischer Sprecher des ISUV. Rechtsanwalt Georg Rixe bundesweit bekannt als profunder und engagierter Kenner des Familienrechts, als Anwalt hat er schon zahllosen Betroffenen geholfen, ihre Anliegen beim Bundesverfassungsgericht oder auch beim Europäischen Gerichtshof sehr erfolgreich zu vertreten. Rechtsanwältin Marie-Luise Klees-Wambach ist Vorstandsmitglied und zuständig für den ISUV-Fachbereich Familienrecht, Rechtsanwalt Ralph Gurk ist Spre-cher des Forums der ISUV-Kontaktanwälte, Rechtsanwalt Manfred Hanesch ist zuständig für den ISUV-Fachbereich Familienrecht & Sozialrecht.

 

Heinrich Schürmann gibt auf den ersten zehn Seiten einen Problemaufriss, er zeigt auf, wie Sozialrecht, Familienrecht und Steuerrecht miteinander verknüpft sind. Sein Fazit lautet: „Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Anpassungen beim Selbstbehalt unumgänglich sind, die endgültige Struktur aber von den im Herbst diese Jahres zu erwartenden Gesetzesänderungen abhängt. Bei der Höhe des Unterhalts werden zum einen die durch das Sozialrecht vorgegebenen Bedarfsgrößen – Regelsatz und Kosten der Unterkunft – sowie ein Erwerbsanreiz zugrunde zu legen sein.“

 

Von Josef Linsler werden die Forderungen der Betroffenen artikuliert und kommentiert. Er greift um authentisch zu sein auf die Beiträge im Forum, welches gleichzeitig zur ISUV Petition stattfand, zurück. Linsler hebt hervor: „Gerade beim Selbstbehalt geht es darum, dass Menschen aus der Mittelschicht, die hart arbeiten, teilweise ganz erheblich mehr verdienen, jedoch am Monatsende nicht viel mehr Geld zur Verfügung haben als ein Nichterwerbstätiger. Bei Trennung und Scheidung heißt die Formel: gleicher Lohn, höhere Ausgaben, höhere Steuern.“ In den Beiträgen kommt zum Ausdruck, dass mehr Transparenz bei der Festsetzung der Beiträge verlangt wird. Des Weiteren wird eine gerechtere Aufteilung der Einkommen zwischen den Familien gefordert. Der Selbstbehalt wird in allen Beiträgen als zu niedrig bezeichnet und eine konsequente Umsetzung des Lohnabstandsgebots gefordert.“

 

Auch Rechtsanwältin Dr. Mare-Luise Klees-Wambach stellt am Ende ihres Artikels „Selbstbehalt in der familienrechtlichen Praxis“ fest: „Es ist unabdingbar, die Selbstbehaltssätze in maßvoller Weise an den individuellen Bedarf der Verpflichteten anzupassen. Außerdem hat eine regelmäßige Anpassung stattzufinden, die dem Verpflichteten tatsächlich ein Existenzminimum sichert unter Berücksichtigung der ihm aufgegebenen Verpflichtungen.“

 

Der Sprecher des ISUV-Kontaktanwaltsforums Ralph Gurk geht der Frage nach, welchen Kriterien ein gerechter Selbstbehalt genügen muss. Er kommt zu dem Ergebnis: „Nachdem die Gerichte den Mindestunterhalt jedoch nicht unterschreiten können, droht für viele gegenüber minderjährigen Kindern unterhaltspflichtige Erwachsene die Gefahr, bei Erfüllung der Unterhaltspflichten unter ihr eigenes Existenzminimum zu rutschen. Eine derartige Entwicklung kann sich nur dadurch aufhalten lassen, dass auch auf der Seite der Unterhaltspflichtigen konkrete und am Einzelfall orientierte Selbstbehalte zugelassen werden.“

 

Rechtsanwalt Manfred Hanesch geht der Frage nach, welchen Anforderungen der Selbstbehalt aus sozialpolitischer Sicht genügen muss. Er fordert, dass der Selbstbehalt nicht nur das menschenwürdige Existenzminimum sichert, sondern auch „die Teilnahme an dem sozialen Leben in einem bescheidenen Umfang ermöglicht.“

 

Rechtsanwalt Georg Rixe erörtert den Selbstbehalt aus verfassungsrechtlicher Sicht. Sein Fazit lautet: „Nach der Rechtsprechung des BVerfG darf der ausgeurteilte Unterhalt den Verpflichteten nicht unzumutbar belasten. Die Höhe des damit verfassungsrechtlich garantierten unterhaltsrechtlichen Existenzminimums, das für Erwerbstätige Sozialleistungen für Nichterwerbstätige angemessen übersteigen muss, ist in einem transparenten und sachgerechten Ver-fahren realitätsgerecht und nachvollziehbar auf Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren gesetzlich zu regeln.“

 

Schon immer war der Selbstbehalt ein Reibungspunkt in der Verbandsarbeit. Der rechtspolitische Sprecher des ISUV, Rechtsanwalt Professor Dr. Braune, stellt fest: „Während der Forderung des Verbandes hinsichtlich der Festlegung des gesetzlichen Mindestunterhalts für minderjährige Kinder nachgekommen worden ist, wurde die gesetzliche Regelung des Mindestbedarfs der Unterhaltsverpflichteten und der Anpassung ähnlich der steigenden Unterhaltsbeträge der Höhe der Kinder je nach zugrunde zu legendem Einkom-men des Unterhaltsverpflichteten versäumt.“ Er fordert deswegen: „Auch das Grundrecht der Gleichbehandlung verlangt, dass der Selbstbehalt des Unterhaltsverpflichteten gesetzlich geregelt wird, nachdem dies beim Kindesunterhalt bereits geschehen ist.“

 

Die Schrift ist erhältlich bei der ISUV-Geschäftsstelle, Postfach 210107, 90119 Nürnberg, zum Selbstkostenpreis von € 6,00. Der Versand kann nur gegen Vorauskasse erfolgen, daher bitte Verrechnungsscheck oder Briefmarken im Wert der Bestellung beifügen.