Politiker reden gerne über Kinderschutz, das Kindeswohl und die Kinderrechte und betonen deren Wichtigkeit. Wenn es aber ums konkrete Handeln geht, dann bleibt von solch medienwirksamen Phrasen nicht mehr viel übrig.
So könnte man kurz die vorliegenden Vorschläge aus dem Ministerium von SPD-Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zusammenfassen. „Als wir die Entwürfe zum Abstammungs-, Sorge- und Unterhaltsrecht sahen, glaubten wir erst an einen schlechten Scherz“, erklärt Markus Witt, Mitglied im Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V. Jedoch stellte sich schnell heraus, dass es durchaus ernst gemeint war, was dort aus dem Justizministerium kam.
Grund für die Empörung sind zahlreiche Gesetzesvorhaben, mit denen das Justizministerium Änderungen im Familienrecht vornehmen möchte – es sei nur eine vorgezogene Teilreform, wie betont wird und es stellt sich unwillkürlich die Frage, wer denn nach einer Wahl im nächsten Jahr sich der noch offenen, unbequemen Themen annehmen soll.
Aktuell soll im Abstammungsrecht, welches bisher die Abstammung eines Kindes von Mutter und Vater regeln soll, die Mit-Mutterschaft geregelt werden – wohl wissend, dass ein Kind nicht von zwei Müttern abstammen kann. Der Vater würde in solchen Fällen zum reinen Samenspender degradiert werden, schwule Väter werden komplett aus den Entwürfen ausgeschlossen.
Und nicht nur das. Während man nicht mit der Mutter verheirateten Vätern das gemeinsame Sorgerecht nur mit Einverständnis der Mutter gewähren will, soll die lesbische Partnerin der Mutter, die mit dieser nicht verheiratet ist, das gemeinsame Sorgerecht mit Anerkennung der Mit-Mutterschaft automatisch erhalten. Das Justizministerium würde mit diesen Vorschlägen die auf Druck des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erzielten Verbesserungen für unverheiratete Väter zurücknehmen und damit erneut gegen die Menschenrechte von leiblichen Vätern verstoßen. Es würde die nichteheliche Partnerin der Mutter im Sorgerecht besser als die leiblichen Väter stellen. „Wer auch immer im Justizministerium auf solche Ideen gekommen ist: diese sind väterfeindlich, diskriminierend und im völligen Widerspruch zu Grund-, Menschen- und Kinderrechten“, erklärt Witt, weshalb der Verein in seiner Stellungnahme zu den Entwürfen erstmals angekündigt hat, notfalls gegen das Gesetz bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Kritik übt der Verein auch an den Ansätzen, eine einvernehmliche Konfliktlösung zu stärken. „Der Gedanke ist grundsätzlich gut und wird von uns auch ausdrücklich unterstützt. Nur leider sind die Entwürfe wieder einmal so unverbindlich formuliert, dass sie letzten Endes wirkungslos bleiben müssen. Schlimmer noch: mit solchen Änderungen würde man dringend erforderliche Verbesserungen für die nächsten 5 – 10 Jahre blockieren“. So würde man dem Anliegen mehr schaden als nutzen.
Noch schlechter sieht es bei den Themen Doppelresidenz (Wechselmodell) und Unterhaltsrecht aus. Trotz vollmundiger Ankündigungen Anfang 2019 auf substantielle Änderungen, werden diese Punkte erst gar nicht behandelt, sondern in eine unbestimmte Zukunft verschoben. Das zum Unterhaltsrecht Änderungen bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurden und dringender Handlungsbedarf schon seit 2015 gesehen wird, wird völlig ignoriert. Die positiven gesellschaftlichen Entwicklungen hin zur Wahrnehmung gemeinsamer Elternschaft werden so durch den Gesetzgeber wieder einmal blockiert und längst überfällige Reformen verschleppt.
„Wenn Justizministerin Lambrecht jetzt nicht doch noch die Kurve kriegt und notwendige und grundrechtskonforme Reformentwürfe vorlegt, dann bleibt als Fazit aus 8 Jahren großer Koalition nur, dass klientelpolitisches Klein-Klein betrieben und dringend notwendige Reformen verhindert wurden. Das ganze versehen mit einer ordentlichen Portion Väter-Diskriminierung“, meint Witt und weist darauf hin, dass die notwendigen Korrekturen dann wohl durch das Bundesverfassungsgericht oder erneut durch den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorgenommen werden müssten. Vielleicht denken sich die federführenden, SPD-geführten Ministerien Familie und Justiz ja, dass diese Misere dann ja eine andere Koalition auslöffeln muss, wenn die jetzt amtierenden Ministerinnen Giffey und Lambrecht sich, wie angekündigt, bereits anderen Aufgaben zugewandt haben. Auch wenn dies stimmen mag, übersieht eine solche Sicht eines: es sind vor allem die Kinder, die unter dem Totalversagen von Justiz- und Familienministerium im Bereich des Familienrechts zu leiden haben.
Kinderschutz, Kindeswohl und Kinderrechte? Trotz aller Beteuerungen, genau diese scheinen Lambrecht und Giffey völlig aus den Augen verloren zu haben.
Die Referentenentwürfe sowie eine ausführliche Stellungnahme dazu, welche die Auswirkungen der Vorschläge aufzeigt und Vorschläge zu wirkungsvollen, verfassungskonformen Gestaltungsoptionen liefert, hat der Verein auf seiner Homepage veröffentlicht.