Obwohl die Freiheit der Wissenschaft im Grundgesetz verankert ist, scheint das für das SPD-geführte Bundesfamilienministerium nicht von Relevanz zu sein. Die vor gut 6 ½ Jahren initiierte Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ ist noch immer nicht veröffentlicht und, wie aktuelle Berichte von FAZ und Spiegel zeigen, wird die Studie wohl erst ans Tageslicht kommen, wenn das BMFSFJ diese nach seinen Vorstellungen umgeschrieben hat.
„Wenn das Familienministerium dem Studienleiter Redeverbot erteilt und das Kontrollorgan des wissenschaftlichen Beirats ausschaltet, dann wird es etwas zu verbergen haben“, meint Markus Witt, Mitglied im Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V. Der Verein begleitet die Vorgänge rund um die Studie seit Jahren und hatte, wie andere auch, aufgrund von politischer Einflussnahme des Ministeriums frühzeitig Zweifel an der Art und Weise der Durchführung der Studie geäußert.
Das Ministerium argumentiert, dass bisher nur „Entwurfsteile in einer Rohfassung“ vorgelegen hätten, die nicht veröffentlichungsfähig wären. Die Unterlagen hätten nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Gütekriterien entsprochen. Die Studienleiter hingegen sagen, sie hätten eine vollständige, wissenschaftlichen Kriterien entsprechende Studie abgeliefert.
Dies zu beurteilen wäre eigentlich die Aufgabe des wissenschaftlichen Beirats oder von unabhängigen Wissenschaftlern gewesen, nicht aber von Mitarbeitenden des Ministeriums. Der Beirat jedoch wird ebenso wie die Öffentlichkeit durch das Ministerium nicht einbezogen. Dafür hat das Ministerium jetzt ihre Haus- und Hof-Wissenschaftlerin Prof. Sabine Walper vom Deutschen Jugendinstitut hinzugezogen. Deren Institut ist nicht nur zu 72% von den Aufträgen aus dem Familienministerium abhängig, sondern ist auch in der Vergangenheit mehrfach damit aufgefallen, dass bei Studien zum Thema Familie nahezu ausschließlich Mütter befragt werden, was ganz im Sinne des BMFSFJ sein dürfte. Diesem wiederum attestiert die renommierte Wissenschaftlerin Prof. Hildegund Sünderhauf einen „stark feministisch geprägten Mitarbeiterinnenstab“.
Damit aber noch nicht genug. „Uns liegen schriftliche Informationen vor, dass das Ministerium nach Veröffentlichung der Studie plant sämtliche Entwurfsdokumente zu vernichten. Eine spätere gerichtliche oder auch parlamentarische Aufarbeitung der Umstände wäre damit unmöglich. Hier ist dringendes Einschreiten seitens des Parlaments erforderlich um nicht ein zweites Maut-Debakel zu erleben“, mahnt Witt.
Denn das Ministerium würde alle Dokumente, welche es selbst für „nicht wissenschaftlich“ hält, entsorgen, ohne diese wie üblich zur späteren Nachvollziehbarkeit zu den Akten zu nehmen. Man hofft nun, dass Politik und Justiz sich umgehend der Sache annehmen. Das Problem: ein beim Verwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anhängiges Gerichtsverfahren auf Herausgabe der Studie zieht sich seit November 2019 hin. Ein Ende oder gar nur eine Terminierung sind bisher nicht absehbar. Politisch bräuchte es wohl einen Untersuchungsausschuss, welcher nach den Veröffentlichungen der letzten Tage vielleicht näher rücken könnte.
Witt hat aber noch einen anderen, einfacheren Vorschlag: „Wenn die Studienleiter meinen, sie hätten Anfang 2019 eine fundierte, wissenschaftliche Arbeit abgeliefert und das Ministerium überzeugt ist, dass dem nicht so sei, dann soll das Ministerium die Unterlagen veröffentlichen und der wissenschaftlichen Diskussion zur Verfügung stellen. Entweder wären dann die Studienautoren wissenschaftlich ruiniert oder das Ministerium der Lüge überführt“. Wenn das Ministerium von seiner Haltung überzeugt wäre, wäre dies der einfachste Weg, sich zu entlasten, wie Witt betont.
Angesichts der hohen wissenschaftlichen Reputation der Studienleiter, die auch von den Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirats öffentlich betont wurde, wird es seine Gründe haben, weshalb sich das Ministerium immer weiter in Widersprüche verstrickt. Im BMFSJF versucht man offensichtlich händeringend, möglichst schadlos das Ende der Legislaturperiode zu erreichen. Denn ein solcher Skandal dürfte den Wahlkämpfern der SPD ungelegen kommen.
Der Väteraufbruch für Kinder e.V. hat auf seiner Webseite eine umfangreiche Chronologie veröffentlicht, anhand derer man sich über den Hergang und die Widersprüche rund um die Studie „Kindeswohl und Umgangsrecht“ informieren kann. Diese gehen noch deutlich über das hinaus, was bisher in den Medien veröffentlicht wurde: https://vaeteraufbruch.de/petra