Hip-Hop-Musiker und Radfahrer kommen nach Berlin

Der 18. August wird für zahlreiche Väter ein besonderer Tag werden. Dann machen sie sich auf den Weg nach Berlin, um für ein gemeinsames Sorgerecht ohne "Wenn und Aber" zu demonstrieren. Sie wissen aus Erfahrung, es wird ihnen nichts geschenkt. Väter wurden bisher diskriminiert und der Gesetzesentwurf plant, diese Diskriminierung nicht zu beenden. Zwei Väter bereiten sich schon heute auf diesen Tag vor und Dietmar Nikolai Webel ist mit ihnen im Gespräch:

"Es ist endlich geschafft! Am 29.06.2010 habe ich das Urteil betreffend der Umgangsregelung mit meinem Sohn bekommen. Dem Umgang wurde stattgegeben! Drei lange Jahre hat der Kampf jetzt gedauert. Ich bin sehr froh, dass das Warten jetzt endlich ein Ende hat. In den vergangenen drei Jahren war ich oft an dem Punkt, an dem ich beinahe aufgegeben hätte! Doch eure Mails und der positive Support auf meine Arbeit haben mir die Kraft gegeben, weiter zu machen. Dafür möchte ich mich bei euch bedanken."

So kann man auf seinem Blog lesen. Chrisdope kommt zur Demo und bringt seine Lieder mit. Wir dürfen uns auf ihn freuen.

Chris, ich bitte Dich für unsere Leser um eine kurze Vorstellung:

Mein Name ist Chris Weitkowitz, ich schreibe und produziere unter dem Pseudonym "Chrisdope" Songs, die größtenteils von Problemen zwischen Mann und Frau handeln. In regelmäßigen Abständen schreibe ich auch Songs für meinen sechs jährigen Sohn, die zum einen auf die Problematik und den Gerichtskampf von 4 1/2 Jahren hinweisen sollen und zum anderen aber auch als eine Art Zeugnis für meinen Sohn, das ihm zeigen soll, dass ich immer da war und versucht habe, in seiner Nähe zu sein.

Wie stehst Du zu den Vorschlägen der Bundesregierung zum gemeinsamen Sorgerecht?

Es ist ein Schritt, welcher notgedrungen nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte 2009 in Straßburg und 2010 durch das Bundesverfassungsgericht mit einigen Jahren Verspätung jetzt vorliegt.
Schaut man sich die Vorschläge an, dann entscheiden im Zweifelsfalle wieder Jugendamt und Familiengericht über das Sorgerecht für nichteheliche Väter - das ist schon skandalös.

Warum kommst Du zur Berlindemo in diesem Jahr?

Es muss was verändert werden! Väter sind keine zweitrangigen Elternteile. Ich möchte als Vater etwas für mein Kind bewegen, da die Politik so extrem männerfeindlich ist. Außerdem bringe ich meine Songs mit, in der Hoffnung Betroffene dadurch zu motivieren und zu unterstützen.

Was willst Du bewegen?

Das Gesetz darf so nicht beschlossen werden, weil es Väter weiterhin schlechter stellt als die Mütter. Wir brauchen ein Gesetz, was Mutter und Vater gesetzlich wirklich gleichstellt. Mutter und Vater sollten von Geburt an das gemeinsame Sorgerecht haben, alles Andere ist diskriminierend und männerfeindlich.

Was wünscht Du Dir für die Demo?

Ich hoffe, dass sehr viele Menschen zur Demo kommen werden, um den Politikern zu zeigen, dass Väter diese Gleichstellung wirklich wollen. Ich hoffe auch, dass wir durch die Demo nichtbetroffene Menschen auf dieses Unrecht aufmerksam machen können, in der Hoffnung gemeinsam was zu bewegen. Denn Väter sind nicht schlechter als Mütter.

Ich bedanke mich für das Interview und hoffe euch zahlreich in Berlin am 18.08.2012 anzutreffen.



Der andere Vater hat sein Fahrrad geölt und geputzt. Denn für ihn beginnt die Demo schon am 14. August. Er wird auf dem Zweirad von Würzburg nach Berlin radeln. Unterwegs bekommt er u.a. Unterstützung von seinem 16-jährigen Sohn.

Torsten, auch Dich bitte ich um eine kurze Vorstellung:

Ich bin Vater von zwei Söhnen 5 und 16 Jahre alt. Im Väteraufbruch engagiere ich mich als Mitglied seit 2004, weil ich als  betroffenes Trennungskind erleben musste, wie ich als Kind unter 14 Jahren Kontaktverlust zu einem Elternteil gelitten habe.  Ich sehe jeden Tag, dass dieses Leid nicht mit der Volljährigkeit aufhört. Die verlorene Zeit und die nicht aufgebaute Beziehung kann nicht nachgeholt werden. Ich bin 43 Jahre alt und leide unter dem Verlust des Elternteiles nun seit 39 Jahren. Bis heute habe ich lebhafte und sehr schöne Erinnerungen an die wenigen Besuchskontakte in meinem 3. und 4. Lebensjahr. Bei der Papatour wirke ich seit 2010 mit, um ein Zeichen zu setzen, dass wir betroffene Eltern und Trennungskinder das uns auferlegte Leid in positive Energie wandeln können, dass wir bei aller menschlichen Vielfalt an einem Strang ziehen können und, dass wir fähig und bereit sind, große Anstrengungen auf uns zu nehmen, um an positiven Lösungen aktiv zu arbeiten.

Was hast Du Dir für die diesjährige Berlindemo vorgenommen?

Seit diesem Jahr fahre ich nun auch selber mit dem Rennrad. Nachdem ich Mitte Juni gemeinsam mit Stefan die Tour von Frankfurt nach Bregenz gefahren bin - meine erste größere Tour überhaupt - lag es für mich nahe, auch zur Demo nach Berlin mit dem Rad zu fahren. Da ich bereits nach Frankfurt mit dem Rad gefahren bin, waren das schon 490 km auf dem Sattel. Die 500 km nach Berlin erlauben es mir am 18. August schliesslich die ersten 1000 Tourkilometer voll zu machen. Insgesamt werde ich bis Ende August mit Training an die 2000 km gefahren sein und lade alle sportlich begeisterten Mütter und Väter ein, gemeinsam mit mir Kilometer für unsere Kinder zu sammeln. Die Tour nach Berlin ist für mich etwas ganz besonderes, weil ich nicht nur wieder mit meinem Teampartner Stefan zusammen fahren kann, sondern auch weil uns ab Wittenberg mein älterer Sohn auf der letzten Etappe mit dem Rennrad begleitet.

Warum ist diese Demo für die Väter in Deutschland so wichtig?

Die in Aussicht stehende Neuregelung des Sorgerechts ist ein wichtiger Schritt in Richtung gelebter gemeinsamer Elternschaft unabhängig von der jeweiligen Lebensform der Eltern. Damit versuchen Gesetzgeber  und Regierung mit vielen Jahren Verspätung und auf Druck des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichtes den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Die Reform greift aber zu kurz: Einerseits muss die gemeinsame elterliche Sorge prinzipiell ab Geburt bzw. ab Vaterschaftsanerkennung bestehen. Andererseits haben getrennt lebende Elternteile nach wie vor häufig nicht die Möglichkeit, die juristisch bestehende elterliche Sorge auch zu leben, wenn derjenige Elternteil die Kooperation verweigert, bei dem das Kind überwiegend lebt. All zu häufig werden die von den Kindern unfreiwillig getrennten Eltern nahezu erpresst, die elterliche Sorge nicht war zu nehmen. Dies geschieht mithin in Gerichtsverfahren unter der Drohung die alleinige Sorge an den verweigernden Elternteil zu weisen, wenn sich die Eltern nicht einigen würden. Viele Fachleute kapitulieren in Beratungsprozessen schlicht vor hartnäckiger Verweigerung und leisten durch die Summe der Fälle dem Umstand Vorschub, dass die Kooperationsverweigerung mithin eine probate Strategie ist, den anderen Elternteil aus dem Familiensystem zu kicken. Deshalb ist die Demo in diesem Jahr absolut notwendig und sie wird es auch im nächsten Jahr sein. Abgesehen davon haben jetzt viele seriöse Gruppen, Vereine und Initiativen unserer Thematik die Chance erkannt, sich anlässlich der Elterndemo in Berlin zu treffen und im Rahmen der persönlichen Begegnung zu vernetzen.

Was hast Du für Wünsche bezüglich der Demo?

Vor allem möchte ich viele Freunde und Kollegen wieder sehen, die mir über die Jahre ans Herz gewachsen sind. Dann möchte ich auch mit diesen ein tolles Grillfest am Abend erleben und mich mit den Menschen, die gekommen sind, über eine Reihe bestehender und geplanter Projekte austauschen. Und natürlich, dass möglichst viele Menschen, Väter, Mütter, Großeltern, Interessierte, Fachleute und Kinder zur diesjährigen Demo am 18. August nach Berlin kommen.

Ich danke Chrisdope und Torsten Fabricius für dieses Gespräch.