Podiumsdiskussion zum Film "Weil du mir gehörst" am 14.02.2020 in Hamburg

Persönlicher Nachbericht zur Veranstaltung in Hamburg, die unter einem politischen Schwerpunkt stand und gemeinsam vom VAfK, ISUV Hamburg und Papa-Mama-Auch umgesetzt wurde. Ein besonderer Dank gilt dabei dem Orga-Team in Hamburg.

Karin Kokot aus dem Bundesvorstand des VAFK, Familienrichter a.D. Jürgen Rudolph (Cochemer Modell) und Matthias Bergmann, Fachanwalt für Familienrecht und Spezialist für Sorge- und Umgangsrecht, haben die Veranstaltung mit Impulsvorträgen eröffnet. Karin Kokot begründete eindrücklich, warum sie als „entfremdete Mama“ beim „Väteraufbruch für Kinder“ gelandet sei, mit der Frage: „Wo sollte ich denn hingehen?“. Obgleich es auch entfremdete Mütter gibt, gab es in keiner Mütterorganisation einen Platz für sie.

Jürgen Rudolph übernahm den Satz, den sowohl Karin Kokot in ihrem Vortrag als auch ich in meinem Statement in der BILD am Sonntag vom 9. Februar zum Ausdruck gebracht habe: „Wer das Kind hat, hat die Macht“. Jürgen Rudolph veränderte diesen Satz ebenso eindrucksvoll wie erschreckend: „Im Familienrecht gilt oftmals etwas anderes: Wer die Macht hat, bricht das Recht.“

Matthias Bergmann mahnte die Fortbildung für Richterinnen und Richter an und sprach über die Diskrepanz der Qualität zwischen Kindern und Gütern am Beispiel von „Streitwerten“. Bei einem Rechtsstreit über ein Auto im Wert von 10.000 EUR werden gerichtlich andere Maßstäbe angesetzt als bei lebenslang wirkenden Entscheidungen über das Leben eines Kindes.

Als nächstes kamen die Politiker der Parteien SPD, CDU, FDP, Die Grünen und DIE LINKE auf die Bühne. Da ich nicht nur als Moderator, sondern auch als Vorstandsmitglied des Vereins Papa Mama Auch e.V. in Hamburg agiert habe, möchte ich von Wiedergaben, Eindrücken und Statements von Aussagen der Politikerinnen und Politiker absehen. Vielleicht können Besucher und Mitwirkende in den Kommentaren ihre persönlichen Meinungen und Eindrücke wiedergeben.

In meiner Moderation habe ich auf das vernichtende Urteil der deutschen Top-Richter in der Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vom 25.9.2019 hingewiesen. Alle dort anwesenden Top-Richter*innen haben deutlich ihre Unzufriedenheit mit dem derzeitigen Familienrecht zum Ausdruck gebracht. Das Bedürfnis einer Wortmeldung oder Kommentierung aus der politischen Richtung kam nicht. Einzig Richter a.D. Jürgen Rudolph zeigte sich überrascht, dass es dort eine so klare Haltung seiner Kollegen gegeben haben soll. Ich verwies zum Faktencheck auf das Wortprotokoll, dass nach mehrfachem Mahnen seit Mitte Januar endlich online ist.

Auch eine weitere Frage fand keine politische Wortmeldung: Welche Bedeutung haben Beschlüsse des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland? Ich bezog mich dabei auf das Urteil des EGMR vom 29.10.2019 gegen Moldawien, in dem es um Eltern-Kind-Entfremdung ging. Einzig Jürgen Rudolph machte hier deutlich, dass der EGMR eine Einrichtung aller Staaten in Europa sei, also auch derer, die nicht in der EU sind. Und so würden die Beschlüsse in Deutschland leider allenfalls als „Empfehlungen“ verstanden und hätten keinerlei bindende Wirkung in unserem Rechtsstaat. Meine Folgefrage an die Politik, warum es diese Einrichtung für Menschenrechte in Europa gäbe, blieb ebenfalls unbeantwortet.

Aus dem Publikum gab es einige Beispiele von Betroffenen und auch die Aussage einer Fachanwältin für Familienrecht, die zuletzt nach einer Verhandlung vor dem Familiengericht vom selben Tage in Hamburg noch so fassungslos war, dass sie erneut ernsthaft darüber nachgedacht hat, ihren Job als Familienanwältin hinzuschmeißen, weil Gerichtsverfahren vor Familiengerichten immer mehr zum Glücksspiel werden.

Das wiederum bestärkte mich, mein zweites Zitat aus dem obigen Interview mit der BILD am Sonntag auch als Schlusswort und somit als unmissverständlichen Auftrag an alle politischen Parteien zu formulieren: „Im Familienrecht sind wir nicht Rechtsstaat, sondern Bananenrepublik!“