Die überfällige Modernisierung des Unterhaltsrechts mag Fehlanreize für vernünftige Eltern reduzieren und führt zu mehr Wertschätzung der Betreuung durch getrenntlebende den anderen Elternteil. Doch gleichzeitig werden Probleme beim Umgangsrecht nicht gelöst, sondern neue Konflikte herbeigeführt. Die Lösung: Das Wechselmodell zum gesetzlichen Regelfall machen.
Gefeilsche schon um 29% statt erst um 50% Betreuung
Wenn die Care-Arbeit eines Elternteils, ab mehr als 29% Betreuung, weniger Barunterhalt an den anderen Elternteil bedeutet, verlagert sich der Konflikt von 50% nach vorne und es würde um die Anzahl der Übernachtungen gestritten werden. Einige hauptbetreuende Eltern werden nur noch tagsüber und zu weniger als 29% Betreuung zulassen wollen.
Das Wechselmodell zum Regelfall machen statt um Umgang zu streiten
“Wir sehen ein gesetzlich normiertes Wechselmodell als Lösung, um derartigen Streit insgesamt zu vermeiden”, sagt Marcus Gnau, Mitglied des VAfK-Bundesvorstandes.
Wenn von diesem Regelfall individuell abgewichen werden soll, muss dies entweder einvernehmlich geschehen oder aber im Wege eines familiengerichtlichen Verfahrens auf Basis von Gründen, die ausschließlich vom Kindeswohl getragen sind, angeordnet werden. “Durch eine solche Regelung ist sichergestellt, dass die vom Bundesjustizminister vorgestellten Eckpunkte nicht zum Streit über den Umfang des Umgangs führen.”, führt Gnau aus.
Dem VAfK ist durch die einschlägigen Erfahrungen seiner Mitglieder und durch die unzähligen Beratungsfälle insbesondere seit der Anerkennung des Wechselmodells als eine gesetzlich anerkannte Umgangsform durch den BGH mit Beschluss vom 1. Februar 2017 (Az.: XII ZB 601/15) bekannt, dass gerade hauptbetreuende Elternteile sich aus monetären Gründen gegen ein paritätisches Wechselmodell aussprechen und dieses verweigern. Denn bei einer Betreuungsquote von 50% wird nach bisheriger Rechtslage der volle Kindes- und Betreuungsunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle geschuldet.
Dies wiederum wird in vielen Fällen zur taktischen Reduzierung von Kindesumgang führen. Auch sind Abänderungsanträge der Fälle zu erwarten, die derzeit ein asymmetrisches Wechselmodell mit bis zu 49% Betreuungsanteil leben, weil wegen des Unterhaltsanspruchs ein paritätisches Wechselmodell verweigert worden ist.
Dies nicht, um den Eltern durch den Gesetzgeber vorzuschreiben, wie sie ihre Kinder im Trennungsfall zu betreuen haben – die derzeitige Rechtslage ermöglicht einem Elternteil, dem anderen die Betreuungsform des Residenzmodells gegen dessen Willen zu diktieren, was meistens von der Mutter genutzt wird –, sondern ausschließlich, um Streit über den Umgang aus monetären Gründen zu verhindern.
Gnau ergänzt: “Außerdem schafft man durch die gesetzliche Normierung des Wechselmodells als Regelfall die Möglichkeit quasi einer Betreuungspflicht beider Elternteile. Dies wiederum ermöglicht dem Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung, einen erhöhten Betreuungsunterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils bis hin zur Volljährigkeit des Kindes zu normieren, wenn der nicht betreuende Elternteil sich seiner Betreuungsverpflichtung aus Gründen entzieht, die ausschließlich von diesem zu vertreten sind.”
Der VAfK hat bereits im Jahr 2015 ein Thesenpapier zur Neuregelung des Kindesunterhaltes, insbesondere bei erweitertem Umgang und beim Wechselmodell, erarbeitet. Der VAfK begrüßt, dass das Bundesjustizministerium (BMJ) endlich vom tradierten Rollenverständnis “einer erzieht, der andere zahlt” abweichen möchte.