Nichts, gar nichts hat sie zu diesen Themen gesagt. Genau deshalb stehen wir heute hier: Wenn inzwischen fast jedes dritte Kind unehelich geboren wird, wenn eins von drei Kindern die Trennung oder Scheidung seiner Eltern erlebt, dann darf eine Familienministerin bei diesen Themen nicht kneifen. Trennungen sind eine traurige Normalität in Deutschland geworden und müssen auch im Familienministerium berücksichtigt werden.
Es geht dabei nicht darum, dass die Familienministerin zu einer zweiten Justizministerin mutiert. Nein, Frau von der Leyen, Sie könnten dafür sorgen, das Trennungen weniger konfliktorientiert, sondern mehr ressourcenorientiert gesehen werden: Welche Ressourcen gehen Kindern und Eltern verloren, wenn sich die Eltern trennen? Welche Konsequenzen hat das für die Betroffenen?
Da ist z.B. der Schutz von Kindern vor Gewalt: Aus Presseberichten und dem Berliner Mikrozensus lässt sich grob abschätzen, dass Kinder das geringste Risiko laufen, Opfer von häuslicher Gewalt zu werden, wenn sie bei ihren beiden Eltern leben. Wachsen Kinder bei einem alleinerziehenden Elternteil ohne Partner auf, dann verdoppelt sich dieses Risiko. Kommt ein neuer Lebenspartner hinzu, dann verdoppelt sich dieses Risiko erneut.
Wir sind davon überzeugt, dass der Erhalt von Bindungen eines Kindern zu seinen beiden Eltern ein wichtige Schutzfunktion hat. Wäre es dann nicht sinnvoll, Frau von der Leyen, dass Sie sich öffentlich für eine konsequentere Durchsetzung von Umgängen einsetzen?
Eine Studie des Robert-Koch Instituts ergibt, dass alleinerziehende Eltern eine deutlich schlechtere Lebensqualität haben und viel früher sterben als der Bevölkerungsdurchschnitt. Warum fordern Sie nicht die Einführung des Wechselmodells nach belgischem oder französischem Vorbild, damit sich die Eltern auch nach einer Trennung gegenseitig entlasten und ihre Kinder mit beiden Eltern Alltag leben können?
Das Wechselmodell könnte bereits in der Elternzeit eingeübt werden. Die jetzige Elterngeldregelung stellt jedoch Eltern finanziell schlechter, wenn sie sich die Kinderbetreuung alltäglich teilen. Finanziell günstiger ist es, nacheinander ganz aus dem Beruf auszusteigen und die Kinderbetreuung in dieser Zeit alleine zu übernehmen. Beim Elterngeld muss deshalb an der Regelung genauso nachgebessert werden, wie an seiner Höhe: Warum gibt es in Dänemark um bis zu 50% mehr Elterngeld als in Deutschland? Warum sind Eltern in Deutschland weniger wert, Frau von der Leyen?
Und wie sieht es mit den Vätermonaten aus? Wenn Väter wollen sollen, dann müssen sie nicht nur können dürfen, sondern auch sorgerechtlich abgesichert sein. Auch unverheiratet Väter müssen das Sorgerecht ab Geburt ihres Kindes oder ab Anerkennung der Vaterschaft bekommen, wie es in Polen, Tschechien, Spanien und Frankreich längst üblich ist.
Das wäre nicht nur eine rechtliche Verbesserung für unverheiratete Väter, sondern eine Aufwertung von Vätern insgesamt: Wir möchten in einem Land leben, in dem jeder eine Chance bekommt, sich ohne Vorbehalte, ohne Misstrauen und Mutmaßungen, ohne "Wenn's" und "Aber's" um sein Kind zu kümmern.
50 Jahre nach Beginn der Gleichstellungspolitik, sind wir im „Gender-Mainstreaming“ angekommen, das die Auswirkungen von politischen Maßnahmen auf die jeweilige Lebenssituation von Kindern, Frauen und Männer von Anfang an berücksichtigt. Wenn damit wirklich mehr gemeint ist, als „Frauenpolitik“, dann sollte sich das auch in der Struktur und im Namen des Bundesfamilienministeriums widerspiegeln: Wir fordern die Einrichtung eines Männerreferats nach österreichischem Vorbild und hoffen, dass wir im nächsten Jahr – dem Wahljahr – unsere Demo vor einem Bundesministerium veranstalten können, dass auch den Begriff „Männer“ in seinem Namen trägt.