Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) steht dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH XII ZR 148/09 - Urteil vom 15. September 2010) kritisch gegenüber, da der BGH zwar seine ´bisherige Rechtsprechung fortsetzt, aber auch neue Schleusen öffnet. Einerseits ist das Urteil in der Unterhaltslogik konsequent, denn der unterhaltspflichtige Vater oder die unterhaltspflichtige Mutter muss heute schon „ihr letztes Hemd ausziehen“ um den Unterhalts-anspruch der Kinder zu erfüllen. Es ist also nur konsequent im Sinne sozialstaatlicher Solidarität gedacht, wenn dieser Grundsatz später auch umgekehrt für die Kinder gegenüber ihren Eltern gilt. Andererseits ist es problematisch, wenn das Schonvermögen, wozu die Alterssicherung in Form einer Immobilie gehört, nicht mehr vor dem Zugriff des Sozialamtes sicher ist.
In Bezug auf die juristische Konsequenz der Rechtsprechung stellt ISUV-Pressesprecherin und Rechtsanwältin Carolin Kistler fest: „Die innerfamiliäre Solidarität der Familienmitglieder hat ein stärkeres Gewicht als die allgemeine Solidarität.“
Der Bundesvorsitzende Josef Linsler kritisiert: „Bisher hat der BGH in seiner Recht-sprechung den Kindern zugesichert, dass die eigene Altersvorsorge den Vorrang hat vor der Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern. In diesem Fall argumentiert der Kläger auch, dass er sein Haus – nach seinen Angaben ein Teil der Altersvorsorge - verkaufen muss, um dem Sozialamt den Unterhalt zahlen zu können. Es macht aber wenig Sinn, wenn die Kinder die eigne Altersvorsorge für die Eltern einsetzen müssen und dann wiederum im Alter zum Sozialfall werden.“
Nach Auffassung des Verbandes wird in den kommenden Jahrzehnten auf Grund der Überalterung und der Probleme der Sozialkassen - Finanzierbarkeit der Pflege-versicherung – verstärkt auf das Vermögen der Kinder zurückgegriffen werden. Die Gerichte werden die „angemessene“ Lebensführung der Kinder, die Größe einer „angemessenen“ Wohnung oder eines Hauses „immer weiter nach unten definieren“. Wer sich nicht auf die Gerichte verlassen will muss frühzeitig Vorsorge treffen.