Als Eltern werden wir zu einem Elternobjekt degradiert. Wie wir Eltern zu sein haben schreiben uns andere Subjekte vor. Die Unschuldsvermutung dürfen wir erst mit dem neuen Gesetz in Form der negativen Kindeswohl Prüfung für uns in Anspruch nehmen. Schlimmer noch, selbst wenn wir nachgewiesenermassen gute Eltern für unsere Kinder sind, besser als die Mütter werden wir trotzdem nie sein können. Wir sind bezeichnender Weise ein Problem, weil wir Mehr Vater sein wollen.
Die stereotype Vaterschaft macht dem Familienrecht weniger zu schaffen.
Wir sind also hier, weil es demnächst ein neues Sorgerecht für nichteheliche Eltern geben wird. Ein Gesetz, dass die gemeinsame Sorge für alle nichtehelichen Eltern ab der Kindesgeburt allerdings nach wie vor nicht vorsieht. Damit können wir nicht einverstanden sein, da wir auch nach dem Inkrafttreten der Reform eine ungerechte Behandlung vor Gericht zu befürchten haben. Diese nächste Reform des Kindschaftsrechtsreformgesetzes wird nicht die letzte bleiben, denn wird sich der gelebte Emanzipationsgrad innerhalb unserer Gesellschaft weiter erhöhen, wird auch der Druck auf die patriarchale Struktur des Kindschaftsrechts zu weiteren Reformen führen. Nur wann wird das sein?
Dennoch sollten wir so klug sein anzuerkennen, dass die Reform in ihrer Begründung einige bedeutende Weiterentwicklungen in der Betrachtungsweise der Probleme, die bei strittigen Trennungen von Eltern entstehen, hervorbringt: Allein schon um unseren Nutzen zu kennen. Der nichteheliche Vater muss sich in Zukunft seine Kindeswohl Dienlichkeit nicht mehr von Dritten attestieren lassen, sondern die Mutter hat in ihrem Widerspruch zur gemeinsamen Sorge Gründe vorzutragen, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Kindeswohl zu stehen haben.
Der Gesetzgeber formuliert die neue Norm, nach der davon auszugehen ist, dass auch für die nichtehelichen Kinder die gemeinsame Sorge erstmal grundsätzlich dem Kindeswohl dient. Die einfache Begründung, Mütter wollten über die Kindesbelange alleine entscheiden, oder die nicht konkret dargestellte Begründung der elterlichen Unkooperation führt zur Ablehnung des Sorgerechts Widerspruchs.
Auch die bloße Darstellung der elterlichen Konflikthaftigkeit in der Vergangenheit wird für die Mutter nicht mehr zielführend sein. Darüber hinaus akzeptiert der Referenten Entwurf wichtige Erkenntnisse der 2003 vom BVerfG in Auftrag gegebenen Evaluierungsstudie und arbeitet sie in die gesetzgeberische Elternschaftsnorm ein. Und zwar wird von den Eltern ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft dem Kindeswohl zuliebe erwartet werden.
Offen bleibt, was der Gesetzgeber als Sanktionsinstrumentarium den Professionen zur Verfügung stellt, sollte nachweislich ein Elternteil zur Kooperation nicht bereit sein. Damit offenbart er, dass er auch für die kommende Reform keinen Sanktionenmechanismus braucht, schließlich möchte er nach wie vor keinen Schuldigeren entdecken. Dieses Kernproblem bleibt also weiter unangefasst.
Ich will den Gesetzentwurf abschließend folgendermassen honorieren:
Nachdem ich vor 2 Jahren mit einzelnen Rechts und Familien Ausschuss Mitgliedern des Bundestags über die Sorgerechtsreform sprach, hätte ich einen derart GROSSEN KLEINEN Schritt nicht mehr für möglich gehalten.
Aber es bleibt natürlich ein Kleiner, wo eine Menge Grosse Schritte von Noeten sind. Logischerweise müssen wir also weiter demonstrieren für die gemeinsame Sorge aller Eltern ab der Geburt ihrer Kinder.
Und dabei wissen wir alle hier auch, dass wir selbst bei der ersatzlosen Streichung des alten 1626a, also selbst wenn alle Eltern ab der Geburt ihrer Kinder Sorge berechtigt wären, diesem Unrechtssystem dennoch ausgeliefert sind.
Erstreben beispielsweise beide sorgeberechtigten Eltern den Lebensmittelpunkt der Kinder, und werden beide als hierfür geeignet erklärt, wird sich der Richter mitnichten für das Doppelresidenzmodel entscheiden. Hat er dann der Mutter den Lebensmittelpunkt zugesprochen und die Mutter zieht dann weg, um das Verhältnis des Kindes zum Umgangs berechtigten Vater einschneidend behindern zu wollen, wird sie kein Richter, das Kindeswohl beschützend, daran hindern.
Längst anerkanntes Umgangsrecht kann ungestraft vereitelt werden und Gerichtsurteile sind sogar in der Lage die getroffenen Entscheidungen mit dem Kindeswohl zu begründen.
Bis heute lässt sich die Strategie der "unkooperativen Elternschaft" anwenden um die gemeinsame Sorge oder mehr Umgang zu verhindern. Die Gründe der mangelnden elterlichen Kommunikation werden nicht ermittelt. Und wo es keinen Schuldigen gibt, kann schuldhaftes Handeln auch nicht zur Verantwortung herangeführt werden.
Dieses Unrechtssystem ist und wird nur gezwungenermassen bereit sein die Komplexität unserer heutigen Familien Wirklichkeiten zu würdigen:
Die Macht in Straßburg zwingt die Macht in Karlsruhe, die widerum die ausführenden Richter zwingt neu zu reflektieren um hoffentlich in Kenntnis der neuen Daten erkenntnisreicher zu entscheiden.
Auf welchen Grundlagen legitimiert sich das Unrechtssystem?
Das bestehende System meint, wenn sich Eltern nicht einigen, wenn sie nicht kooperieren, müsste es die betroffenen Kinder einem Elternteil zuordnen, der dann mit den entsprechenden Vorrechten ausgestattet wird. Das System meint das dann geschaffene Kindesleid als Kindeswohl bezeichnen zu dürfen, ohne wissenschaftlich fundiert Kindeswohl begreifen zu können. Wenn aber das Kindeswohl die wichtigste Richtschnur bei Kindschaftsrechtsfragen sein soll, brauchen wir Massstäbe die grösst mögliches Kindeswohl beschreiben, damit wir Urteile im Namen des Kindeswohls, die letztlich andere Interessen höher bewerten, angreifen können.
Solange die Familiengerichtsbarkeit ignoriert, das einzelne Eltern danach zu beurteilen sind, wie sie ihre elterliche Verantwortung wahrnehmen, anstatt sie nach Geschlecht oder Familienstatus zu belohnen oder ihnen Elternrechte abzusprechen, solange wird man gegen dieses, eines Rechtsstaates unwuerdige, Unrechtssystem auf die Strasse gehen müssen.
Es bleibt abzuwarten, zu welchen Urteilssprüchen die Reform beitragen wird. Und bei Bedarf gilt es den Rechtsstaat einzufordern. Karlsruhe und Straßburg laesst sich nicht mit Beschwerden belagern. Aber finden sich substanziell Angriffspunkte mit Erfolgsaussicht muss man kreativ die Wirkungsweise dieser Unrechtsmethode beschreiben und somit angreifen.
Eine Anwältin aus München versucht zum Bsp. die Wirkungsweise der Strategie der unkooperativen Elternschaft nach Straßburg zu tragen. Die Qualität der Verfahren lässt sich durchaus immer wieder in Frage stellen.
Überhaupt brauchen wir ein Deutschland weites Netzwerk, indem wir differenziert, keinesfalls diffamierend, Informationen über Gerichtsurteile, Richter/innen, Amtsgerichte und Oberlandesgerichte archivieren, damit wir auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen können. Auch Richter sind unserer Verfassung verpflichtet. Unrecht darf und muss in einem Rechtsstaat mit den Mitteln des Rechtsstaates sichtbar gemacht werden und es ist unsere Pflicht weiter für ein diskriminierungsfreies Familienrecht im Namen unserer Kinder zu kämpfen.