Der Begriff “Eltern” und “Auswirkungen auf die Gleichstellung” – Hinweise zur Kindergrundsicherung

Hinweise zum Gesetzentwurf der Bundesregierung:
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung

Schon im Referentenentwurf vom 30.08.2023 fielen uns zwei Punkte auf, welche sich nun auch im Regierungsentwurf vom 27.09.2023 wiederfinden. Diese führen zu Irritationen. Leider wurden wir vom BMFSFJ nicht zur Stellungnahme aufgefordert und hatten bisher nur über Twitter auf die beiden Punkte aufmerksam gemacht. Wir regen an, dass sich der Bundesrat und der Deutsche Bundestag damit beschäftigen.

Punkt 1: Zum Begriff “Eltern” in § 13 Bundeskindergrundsicherungsgesetz (BKG)

Wieso sind alle Erwachsenen, die mit dem Kind zusammenleben, plötzlich “Eltern”?

So könnte man den §§ 13 I 3 i.V.m. 2 I BKG verstehen. Wir können die Verwendung des Begriffs “Eltern” hier nicht nachvollziehen. Dies führt zu Irritationen. Der Begriff hat eine andere und verfassungsrechtlich geschützte Bedeutung, Art 6 II 1 GG.

§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Zu einer Familiengemeinschaft im Sinne dieses Gesetzes gehören alle Personen nach § 7 Absatz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, oder nach § 27 Absatz 2 Satz 2 und 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch eine Einstandsgemeinschaft bilden.

§ 13 Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen der Eltern
(1) 1Einkommen oder Vermögen der Eltern ist bei der Berechnung des Kinderzusatzbetrages zu berücksichtigen. 2Einkommen nur, soweit es den monatlichen Gesamtbedarf der Eltern übersteigt. 3Eltern im Sinne des Satzes 1, des Absatzes 2 und des § 14 sind die Mitglieder der Familiengemeinschaft mit Ausnahme der Kinder.

Wir regen an, hier auf die Verwendung des Begriffs “Eltern” zu verzichten. Zutreffend wären die etablierten Begriffe “Bedarfsgemeinschaft” und “Einstandsgemeinschaft”.

Im Übrigen stehen wir der Einführung des Begriffs “Familiengemeinschaft” reserviert gegenüber. Denn er verstärkt auf sprachlichem Wege die Ausgrenzung des Elternteils, der nicht mit dem Kind zusammenleben kann oder darf.

Hierbei ist schon an die Fälle zu denken, in denen die Eltern erst noch eine gemeinsame Wohnung finden müssen. Nicht selten muss das Kind aus finanziellen oder beruflichen Gründen zunächst bei einem Elternteil leben. Vielleicht ist dieser gezwungen, mit Personen zu wohnen, die er nicht als Teil der Familie des Kindes bezeichnen würde. Währenddessen wäre der andere Elternteil jedoch nicht Teil der Familie i.S.d. BKG.

Nach elterlichen Trennungen betrifft dies in der ganz überwiegenden Zahl die Väter, was nicht selten mit einem Kontaktverlust der Kinder zum Vater einhergeht [Vgl. RegE Kindergrundsicherung vom 27.09.2023, A. VI. 9. c); Baumann et al., ZKJ 2022, 245; BMFSFJ – Wiss. Beirat für Familienfragen, 2021; Serafin, 2019; Geissler et al., 2018; Haumann, 2017].

Ein zentraler Befund der aktuellen Studie “Kindeswohl und Umgangsrecht” lautet:

“eine höhere Involviertheit der Väter in die Fürsorge für die Kinder und eine positivere Beziehung der Kinder zu ihrem Vater gingen mit einer höheren psychischen Gesundheit der Kinder und Jugendlichen einher.” [Forschungsgruppe Petra, Rücker/Walper/Petermann†/Büttner, 2023, 158]

Auch die Mühen des BMFSFJ im Rahmen der geplanten Elternstartzeit zielen auf das frühe Bonding und die partnerschaftliche Beteiligung der Väter bei der Sorgearbeit ab.

In der Gesamtschau führt der Begriff “Familiengemeinschaft” hier zu Widersprüchen.

Punkt 2: Zu “Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern”, A. VI. 9. c)

Aus unserer Sicht haben nicht alle Mütter nach einer elterlichen Trennung die Kinder unfreiwillig bei sich wohnen. Gleiches gilt für das allein erziehen. Einige wollen dies so. Obwohl ein betreuungswilliger und auch -fähiger Vater zumindest anfangs bereitsteht, bis er ggf. resignieren muss. Unbestritten wenden sich einige Väter und Mütter von ihren Kindern ab, wenn sie mit einem neuen Partner eine neue Familie gründen wollen.

Wir erachten die hohe Zahl alleinerziehender Mütter als ein Symptom, dessen Ursache in einer bisher verfehlten Familienpolitik liegt. Wir fürchten, dass eine steigende finanzielle Entlastung von Alleinerziehenden weitere Anreize nimmt, den anderen Elternteil in die Kinderbetreuung einzubinden. Vor dem Hintergrund der geplanten Modernisierung des Unterhaltsrechts sehen wir im BKG eine gewisse Gegenläufigkeit.

Wir regen an, den Gesetzentwurf noch einmal auf Fehlanreize zu prüfen. Werden hier die richtigen Weichen im Gleichklang mit geplanten Reformen gestellt, könnte sich der Gender Pay Gap weiter reduzieren und die psychische Gesundheit von Kindern durch eine höhere Involviertheit ihrer Väter verbessern.

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Der Väteraufbruch für Kinder e.V. (VAfK) ist der mitgliederstärkste, bundesweit vertretene Interessenverband für von Kindern getrennt lebende Eltern und Väteremanzipation. Er vertritt 4.000 Mitglieder in rund 100 lokalen Gesprächskreisen, Kontaktstellen und Kreisvereinen, darunter etwa 10 % Frauen.

Warum das wichtig ist

Die Menschen im VAfK verbindet, dass ihnen, ihren Kindern oder ihren Liebsten Schlimmes widerfahren ist oder widerfährt oder sie andere davor bewahren wollen. Sie stehen stellvertretend für die schätzungsweise 200.000 jährlich neu Betroffenen [Annahme: 3 Betroffene (1 Kind, 2 Angehörige) je Kontaktabbruch, vgl. Baumann et al., ZKJ 2022, 245].

Ziel des seit dem Jahr 1988 aktiven VAfK ist es, das Aufwachsen von Kindern in ihren Familien durch ein verstärktes Engagement ihrer Väter und durch kooperative Elternschaft, insbesondere nach Trennung und Scheidung, nachhaltig zu verbessern.

Der VAfK versteht sich als Verein für Kinderrechte, als Familien- und Elternverband und als Organisation, die eine fürsorgende und liebevolle Beziehung beider Eltern zu ihren Kindern stärkt sowie für die Gleichstellung von Müttern und Vätern eintritt.

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