Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz

Trennung von Familienrecht und Strafrecht unbedingt beibehalten

Wir unterstützen das Anliegen, Opfer häuslicher Gewalt effektiver zu schützen. Allerdings sehen wir die Gefahr einer Überdehnung des Familienrechts hin zum Strafrecht. Beide Rechtsgebiete verfolgen völlig unterschiedliche Ziele und haben ganz verschiedene Ermittlungsmöglichkeiten. Die adverse Wirkung des Entwurfs offenbart sich, wenn unbeteiligte Kinder aufgrund verfahrenstaktisch behaupteter Gewalt eines Elternteils den Kontakt zum anderen Elternteil verlieren und damit mitbestraft werden.

Das Kindschaftsrecht zielt insbesondere auf Bindungserhaltung. Kontaktabbrüche der Kinder zu ihren Eltern sind ausschließlich bei nicht mit milderen Mitteln abwendbarer Kindeswohlgefährdung die ultima ratio. Doch bei konflikthaften Trennungen möchte ein Elternteil nicht selten genau das erreichen: Die dauerhafte Entfremdung des Kindes vom anderen Elternteil mit Hilfe missbräuchlich erhobener Gewaltvorwürfe. Praktiker wissen, wie oft es bei kindschaftsrechtlichen Streitigkeiten zu unbegründeten Gewaltvorwürfen kommt und wie schwer es den Familiengerichten fällt, diese zu händeln.

Neu ist, dass mittlerweile (vermeintliche) Gewalt der Eltern untereinander, die das Kind gar nicht miterlebt, zu einer Ausgrenzung eines Elternteils führen soll (bspw. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. April 2025 – 2 UF 6/24 –, juris). In Verbindung mit diesem Referentenentwurf vergrößert sich aber die Gefahr, dass ein Kind zum bloßen Objekt und für eigentlich strafrechtliche Sanktionen gegen einen Elternteil instrumentalisiert wird.

Zur Wahrung der Grundrechte muss die Beziehung eines Elternteils zum gemeinsamen Kind aber im Zweifel völlig unabhängig vom Verhältnis der Eltern untereinander sein.

Demgegenüber bieten das Polizeirecht und das Strafrecht ausreichende Möglichkeiten und den passenden Rahmen zum Schutz gewaltbetroffener Personen. Eine Ausweitung der Belastung der Familiengerichte sehen wir nicht. Zumal derselbe Richter in der Regel gleichzeitig bei einer einvernehmlichen Lösung in der Kindschaftssache helfen soll.

1. Unzulässige Therapieauflagen in Umgangssachen durch „soziale Trainingskurse“

Der verfassungsrechtliche Rahmen für hoheitliche Eingriffe in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ist eng gefasst. (Lack in: Lack/Hammesfahr, Psychologische Gutachten im Familienrecht, 1. Verfassungsrechtlicher Rahmen, Rn. 483, mwN.)

Therapeutische Maßnahmen, die (nur) einen Elternteil betreffen lehnt die ganz herrschende Rechtsprechung ab (Staudinger/Dürbeck (2023) BGB § 1684, Rn. 121, mwN.) und Anordnungen nach § 1666 BGB gegen einen nichtsorgeberechtigten Elternteil sind unzulässig (OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. April 2019 – 1 UF 247/17 –, juris, Rn. 14).

Zwar begrüßen wir die sogenannte TäterInnenarbeit grundsätzlich, aber verpflichtende „soziale Trainingskurse“ im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht begegnen unseren verfassungsrechtlichen Bedenken.

Denn über § 1684 Abs. 5 Satz 2 BGB-E („insbesondere“) würde § 1 Abs. 4 GewSchG-E zu unzulässigen Therapieauflagen führen. Schon deshalb müssen wir die Änderung des § 1684 BGB ablehnen. Zumal wir die aktuellen Möglichkeiten als ausreichend erachten.

2. Elektronische Aufenthaltsüberwachung dem Strafgericht vorbehalten

Wir begrüßen das Instrument der sogenannten elektronischen Fußfessel grundsätzlich. Allerdings muss eine Anordnung dem Strafgericht vorbehalten bleiben.

Denn die elektronische Aufenthaltsüberwachung wird zwar als präventive Maßnahme deklariert, sie gleicht in ihrer Wirkung aber einem Strafvollzug.

Eine gerichtliche und damit personelle Trennung der Zuständigkeit reduziert die Belastung des kindschaftsrechtlichen Verfahrens und schafft den nötigen Abstand zwischen den kindschaftsrechtlichen Zielen der Kontakterhaltung und -wiederherstellung auf der einen Seite und den strafrechtlichen Zielen der Prävention und ‚Bestrafung‘ auf der anderen Seite.

Einigkeit besteht, dass Kinder ein Recht darauf haben, in einem gewaltfreien Umfeld aufzuwachsen. Gewalt hat viele Gesichter und kann auch psychischer Natur sein sowie durch Falschbeschuldigungen und entfremdendes Verhalten verübt werden.

Familienrichter und amtswegige Verfahrensbeteiligte (Jugendamt, u.a.) müssen ausreichend qualifiziert sein und die nötige Zeit für einen Fall haben, damit sie nicht durch ihr eigenes Verhalten eine Gewaltspirale herbeiführen oder diese endlos eskalieren lassen.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs stellen schon für sich genommen eine ‚Bestrafung‘ des Kindes und des auszugrenzenden Elternteils dar. Die stigmatisierende Wirkung einer elektronischen Fußfessel kommt – insbesondere, wenn das Kind im Rahmen eines begleiteten Umgangs noch minimalen Kontakt zum betroffenen Elternteil hat – hinzu.

Auch deshalb müssen wir die entworfene Änderung des § 1684 BGB ablehnen sowie auf die bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten und das Strafrecht verweisen.

Ansprechpartner

Bundesvorstandsmitglied, Christoph Köpernick, koepernick@vafk.de, 0171 - 45 27 999
Bundesgeschäftsführer, Rüdiger Meyer-Spelbrink, meyer-spelbrink@vafk.de, 0162 - 83 99 123

Über den Verband

Der Väteraufbruch für Kinder e.V. (VAfK) ist der mitgliederstärkste, bundesweit vertretene Interessenverband für von Kindern getrennt lebende Eltern und Väteremanzipation. Er vertritt 4.000 Mitglieder in rund 100 lokalen Gesprächskreisen, Kontaktstellen und Kreisvereinen, darunter etwa 10 % Frauen.

Warum das wichtig ist

Die Menschen im VAfK verbindet, dass ihnen, ihren Kindern oder ihren Liebsten Schlimmes widerfahren ist oder widerfährt oder sie andere davor bewahren wollen. Sie stehen stellvertretend für die schätzungsweise 200.000 jährlich neu Betroffenen [Annahme: 3 Betroffene (1 Kind, 2 Angehörige) je Kontaktabbruch, vgl. Baumann et al., ZKJ 2022, 245].

Ziel des seit dem Jahr 1988 aktiven VAfK ist es, das Aufwachsen von Kindern in ihren Familien durch ein verstärktes Engagement ihrer Väter und durch kooperative Elternschaft, insbesondere nach Trennung und Scheidung, nachhaltig zu verbessern.

Der VAfK versteht sich als Verein für Kinderrechte, als Familien- und Elternverband und als Organisation, die eine fürsorgende und liebevolle Beziehung beider Eltern zu ihren Kindern stärkt sowie für die Gleichstellung von Müttern und Vätern eintritt.

Mitglied werden oder spenden

Der Mitgliedsbeitrag beträgt nur 60 € im Jahr. Weitere Familienmitglieder zahlen nur 30 €. Der VAfK ist als gemeinnütziger Verein anerkannt und auf Spenden angewiesen, um seine Öffentlichkeitsarbeit und Beratungsangebote vor Ort leisten zu können.

Der VAfK toleriert keine extremistischen Tendenzen – weder von links noch rechts. Er ist ein Antidiskriminierungsverband und ist im deutschen Lobbyregister eingetragen.

Mitglieder im Bundesvorstand: Christoph Köpernick, Markus Koenen, Karsten Rulofs Marcus Gnau und Peter Kolitschus.