Ich habe als Kind lange Zeit gedacht, dass mein Vater uns verlassen hat, weil ich sein Schachbrett kaputt gemacht habe.“ Dieser Satz trifft den Kern. Denn die meisten Kinder fühlen sich bei der Trennung der Eltern schuldig. Auch Melanie Mühl (35) ist ein Scheidungskind. Auch sie hat „sehr darunter gelitten“. Diese Erfahrung und der mittlerweile euphemistische Umgang mit dem Wort „Patchwork“, das ins Deutsche übersetzt nichts anderes als „Flickwerk“ bedeutet, haben die Journalistin und Autorin dazu bewogen, das aktuelle Buch Die Patchwork-Lüge – Eine Streitschrift zu verfassen. In ihrem Werk geht sie akribisch dem stetigen Anwachsen dieser neuen Familienkonstellation auf den Grund und kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Man könne den Verlust durch Trennung der Eltern für die Kinder nicht länger als bunte Vielfalt schönreden. Mühl ist es leid, dass all die zusammengewürfelten Beziehungen von Eltern und ihren Kindern, die sich nach Splits und Scheidungen neu arrangieren, mehr und mehr idealisiert werden. Nämlich als bunte Multifunktions - und Optionsfamilie mit Kindern, die hin und her gereicht werden.