Kein Kind darf unnötig zum Elternentzug verurteilt werden

Eine Frau wird in Jugendhaft sitzend Mutter. Ihr Kind wird ihr vom Jugendamt gegen den Widerstand des Familiengerichts mehrfach weggenommen und in eine Pflegefamilie gegeben, obwohl sie sich um ihr Kind kümmern will und kann und es in der Haftanstalt eine Mutter-Kind-Einrichtung gibt. Das Vorgehen der Baden-Württembergischen Behörden blendet die Rechte des Kindes völlig aus.

Unmittelbar nach der Geburt nimmt man der Mutter das Kind weg, lässt sie es nicht einmal auf den Arm nehmen. Das Jugendamt nimmt das Kind „in Obhut“, wie es in Beamtendeutsch heißt, und gibt es zu einer Pflegefamilie.

Die Mutter ist nicht gefährlich für ihr Kind und an ihrer Erziehungsfähigkeit gibt es keine Zweifel. Das Familiengericht Schwäbisch Hall ordnet sogar an, dass die Inobhutnahme des Jugendamtes aufzuheben ist. Trotzdem nimmt das Jugendamt das Kind am selben Tag erneut in Obhut und gibt es wieder zur Pflegefamilie. Seit Monaten kämpft die Mutter erfolglos darum, ihr Kind bei sich haben zu können. Jeder ihrer Versuche, eine stabile Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen, wird verhindert.

„Man hat den Eindruck, dass das Jugendamt alles versucht, um das Kind dauerhaft in der Pflegefamilie zu belassen. Alle anderen Optionen werden ausgeblendet, die Mutter auflaufen gelassen. Wir sehen hier nicht nur einen Verstoß gegen die Grund- und Menschenrechte der Mutter, sondern vor allem auch gegen die des Kindes“, beschreibt Markus Witt, Mitglied im Bundesvorstand des Vereins Väteraufbruch für Kinder e.V., die Situation. Welche Folgen die unnötige Trennung des Kindes von seiner Mutter unmittelbar nach der Geburt für das Kind haben würde, scheinen die Behörden in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt zu haben.

Die Mutter hatte die Haft ursprünglich sogar freiwillig angetreten, um das Kind in einem gesicherten Umfeld mit einer guten Prognose zur Resozialisierung zur Welt zu bringen. Dies dürfte nun durch das völlig unerwartete und unnötige Vorgehen der Behörden gefährdet sein.

„Wir sehen hier wie in vielen anderen Fällen eine völlige Missachtung der Bedeutung der leiblichen Eltern für Kinder und eine Ignoranz gegenüber deren Grundrechten. Wir appellieren dringend an die beteiligten Behörden, eine Lösung zu finden, welche Mutter und Kind schnellstmöglich zusammenführt. Bisher hat es eher den Eindruck, als ob die Behörden den Fall durch Zeitablauf entscheiden möchten“, meint Witt und weist darauf hin, dass auch Menschen in Haft Grundrechte haben und durch die Entscheidungen im vorliegenden Fall vor allem das unschuldige Kind in seiner Entwicklung erheblich beeinträchtigt, wenn nicht gar gefährdet wird.

Der Verein Väteraufbruch für Kinder e.V., der sich schwerpunktmäßig dafür einsetzt, dass nach einer Trennung den Kindern beide Eltern erhalten bleiben, engagiert sich seit Jahren auch intensiv für die Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. In der Vergangenheit hat der Verein durch sein langjähriges und mittlerweile leider verstorbenes Vorstandsmitglied Dietmar Nicolai Webel auch regelmäßig auf die Situation inhaftierter Eltern in Bezug auf deren Beziehung zu ihren Kindern aufmerksam gemacht.
Diese Pressemitteilung nimmt Bezug auf die veröffentlichte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg 12 S 3125/21 vom 04.11.2021