Oberlandesgericht spricht Pädagogen Schadensersatz aufgrund unberechtigter Verdächtigung wegen Kindesmissbrauchs zu

In einem am 19.5.2010 verkündeten Urteil hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einem Sozialpädagogen Schadensersatz zugesprochen, weil dieser wegen Kindesmissbrauchs verdächtigt worden war.

 

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen betreffend den sexuellen Missbrauch eines Kindes und auf Schadensersatz in Anspruch. Er hatte das betroffene Kind im Rahmen eines Schülerprojekts und als Fußballtrainer betreut. Die beklagte Psychotherapeutin gelangte im Rahmen einer therapeutischen Behandlung des Kindes zu der Einschätzung, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger das Kind in den Jahren 2004 und 2005 sexuell missbraucht habe. Hierüber sprach sie nach Ende der Behandlung mit verschiedenen Personen.

Der Kläger verlor seine Arbeitsstelle bei einem gemeinnützigen Verein und gab seine Tätigkeit als Pädagoge und Fußballtrainer auf. Ein gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Der Kläger führt all dies auf die Verdächtigungen der Beklagten zurück.

 

Das Landgericht hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt. Die Unterrichtung des gemeinnützigen Vereins, für den der Kläger gearbeitet habe, sei zum Schutz des Kindes erforderlich gewesen.

 

 

Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts nunmehr ab und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der Äußerungen, sprach dem Kläger eine Entschädigung von 2.000,- € zu und stellte fest, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch ihre Äußerungen entstanden sei.

Zur Begründung führt das Oberlandesgericht aus, die Beklagte habe den Kläger rechtswidrig und schuldhaft in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, indem sie einen unnötig großen Personenkreis über ihren Verdacht unterrichtet habe. Sie hätte sich darauf beschränken müssen, ihren Verdacht gegenüber den für die Aufklärung zuständigen Behörden - städtische Stellen für Kinderschutz, Polizei und Staatsanwaltschaft - zu äußern. Die Unterrichtung des Arbeitgebers des Klägers sowie anderer Personen hätte sie damals jedoch unterlassen müssen. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, sie habe dies zum Schutz des Kindes für erforderlich gehalten, hätte es genügt, die zuständigen Behörden auf diese Einschätzung hinzuweisen.

Bei der Bemessung der Entschädigung sei zu berücksichtigen, dass der Verdacht der Beklagten zusätzlich als unberechtigt behandelt werden müsse. Da das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger eingestellt worden sei, gelte für diesen die Unschuldsvermutung.

 

Die Entscheidung ist faktisch nicht anfechtbar. Sie kann in Kürze im Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abgerufen werden.

 

 

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.5.2010, Aktenzeichen 1 U 49/09

Pressesprecher RiOLG Ingo Nöhre