Mutwillige Verweigerung? Schon heute strafbar
Sanktionen können nur dann gerechtfertigt sein, wenn Eltern sich trotz bestehender Leistungsfähigkeit bewusst der Unterhaltspflicht entziehen. Diese Fälle existieren – sie sind jedoch eine kleine Minderheit.
Bereits heute ist dies strafbar: Wer sich vorsätzlich der Unterhaltspflicht entzieht, kann nach § 170 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe belangt werden. Neue Sanktionen sind also nicht nur rechtlich überflüssig, sondern sozial unverhältnismäßig, wenn sie pauschal alle Zahlungspflichtigen treffen.
Warum zusätzliche Sanktionen unnötig sind
Was ebenfalls kaum öffentlich thematisiert wird: Die Unterhaltsvorschussstellen haben bereits jetzt weitreichende Möglichkeiten zur Rückforderung offener Beträge:
- Pfändung von Lohn, Konto oder Steuererstattungen
- Verrechnung mit Sozialleistungen
- Datenzugriff auf Arbeitgeber, Melderegister, Jobcenter, Finanzamt
- automatisierte Abgleiche und vereinfachte Vollstreckungstitel
Diese Behörden haben deutlich mehr Durchgriffsrechte als ein privater Gläubiger. Wenn selbst diese Instrumente nicht greifen, liegt es nicht an mangelndem Willen, sondern an fehlender Pfändungsmasse.
Praxis zeigt: Umgang kostet – und wird nicht berücksichtigt
Viele Väter leben selbst unterhalb des Existenzminimums. Sie haben oft instabile Beschäftigungsverhältnisse, gesundheitliche Einschränkungen oder hohe Fixkosten. Zusätzlich übernehmen sie Betreuungsverantwortung für ihre Kinder – und tragen dafür Fahrtkosten, Unterkunftskosten und Verpflegung während des Umgangs.
Diese realen Aufwendungen fließen jedoch nicht in die Unterhaltsberechnung ein. Auch wenn ein Vater mehrere Tage im Monat betreut, bleibt er alleiniger Zahler – und wird dann als „säumig“ bezeichnet, wenn er den geforderten Betrag nicht aufbringen kann.
Diese Aufwendungen sind auch gesetzlich nicht absetzbar, obwohl sie Teil des gelebten Elternseins sind. Selbst bei regelmäßigen Betreuungstagen trägt der Vater oft doppelt: Einerseits durch seine Präsenz, andererseits durch den vollen Barunterhalt – so, als sei er völlig abwesend.
In vielen Fällen kommen noch weitere Belastungen hinzu: Häufig ziehen Mütter mit dem Kind weit vom Vater weg – was lange Fahrtzeiten, Übernachtungen und weitere Ausgaben verursacht. Auch dies wird im bestehenden System nicht berücksichtigt.
Irreführende Zuschreibung: Auch viele Mütter zahlen keinen Unterhalt
Wenn die Rede davon ist, „viele Väter“ zahlten keinen Unterhalt, bleibt oft unerwähnt, dass auch Mütter unterhaltspflichtig sein können – z. B. bei überwiegender Betreuung durch den Vater.
Der Anteil nicht zahlender Mütter ist im Verhältnis zur Zahl unterhaltspflichtiger Frauen sogar höher als bei Männern. Die Formulierung „viele Väter zahlen keinen Unterhalt“ ist deshalb nicht nur verzerrend, sondern in ihrer Pauschalität diskriminierend.
Zitat aus unserer Stellungnahme an das Ministerium:
„Von einem ›Führerscheinentzug‹ für vermeintlich 'säumige Väter' möchten auch Sie bitte absehen, da es sich überwiegend um die 'armen Schlucker' handelt, die vermutlich auch Ihre Amazon-Pakete ausliefern. Zumal es auch 'säumige Mütter' gibt. Statt Barunterhalt als Ersatzleistung brauchen Kinder beide Eltern.“
Fazit
Nicht jeder, der nicht zahlt, ist ein „Unterhaltspreller“. Die große Mehrheit der säumigen Eltern scheitert nicht am Willen, sondern an den finanziellen Möglichkeiten. Wer Gleichstellung von Eltern wirklich ernst meint, muss auch die finanziellen Belastungen getrennt lebender Väter sehen – und darf sie nicht pauschal unter Generalverdacht stellen.
Statt härterer Sanktionen fordern wir:
- Anerkennung von Betreuungsanteilen auch bei nicht paritätischer Aufteilung
- Berücksichtigung der Umgangskosten in der Unterhaltsberechnung
- Beratungs- und Unterstützungsangebote für zahlungsunfähige Eltern
- und eine ehrliche, diskriminierungsfreie Kommunikation über die Ursachen von Zahlungsrückständen
Hinweis:
Der Väteraufbruch für Kinder e. V. steht für eine gleichwertige Elternverantwortung – auch nach Trennung oder Scheidung. Wir fordern gerechte Lösungen im Interesse der Kinder, statt medialer Schuldzuschreibungen auf dem Rücken einzelner Elternteile.
Quellen:
Hinweis auf aktuelle UVG-Leistungen und Rückgriffspraxis (Stand 2024/2025), BMFSFJ
Umgangskosten: „Kosten, die dem umgangsberechtigten Elternteil für die Betreuung entstehen, werden regelmäßig nicht in der Düsseldorfer Tabelle oder beim Mindestunterhalt berücksichtigt.“ Leitfaden Unterhaltsrecht – Deutscher Familiengerichtstag, diverse Kommentierungen (z. B. Wendl/Dose, BGH-Rechtsprechung zur Umgangskosten)