Der Reformbedarf beim Sorgerecht leitet sich aus einer bestehenden gesetzlichen Diskriminierung von unverheirateten Vätern ab, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verworfen worden war. Abgesehen von Nuancen wird es nach den Anträgen von CDU/CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei einer gesetzlich verankerten Diskriminierung von unverheirateten Vätern bleiben: Ohne eine mütterliche Zustimmung zum gemeinsamen Sorgerecht bleiben diese Väter kurz nach der Geburt ihres Kindes von wichtigen sorgerechtlichen Mitentscheidungen für ihr Kind (Wahl von Name, Wohnort, Betreuung, Religion) ausgeschlossen und müssen ihr Sorgerecht anschließend einklagen bzw. durch das Jugendamt einklagen lassen. Lediglich der Antrag von DIE LINKE sieht einen gleichberechtigten und prüfungsfreien Zugang beider Eltern zum gemeinsamen Sorgerecht vor, wird aber, wie der Debattenbeitrag von Frau Dr. Höll (DIE LINKE) zeigte, von der Fraktion nicht einmütig unterstützt.
Auf eine solche gesetzlich verankerte Diskriminierung können sich Frauenpolitikerinnen bei der Begründung ihrer Forderungen schon lange nicht mehr berufen. Die wohl markanteste gesetzliche Diskriminierung, nach der Ehemänner in Arbeitsverträge ihrer Ehefrauen einwilligen mussten und diese kündigen konnten, wurde in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts abgeschafft. Die Forderung nach einer Frauenquote stützte sich deshalb in der Bundestagsdebatte auf Erhebungen, die belegen, dass nur ein Bruchteil an Vorstandsposten in Unternehmen weiblich besetzt ist. Auch andere frauenpolitische Forderungen, wie z.B. nach mehr und umfangreicheren Kinderbetreuungsangeboten oder die Ablehnung des Betreuungsgelds („Herdprämie“) werden mit Statistiken begründet, nach denen z.B. der Anteil an Frauen mit Teilzeitarbeit höher ist als bei Männern, die meist in Vollzeit arbeiten.
In der Gleichstellungspolitik sind Männer somit weit zurück. Wann werden sie, so wie die Frauen, ihre gesetzliche Diskriminierung überwunden haben? Wann werden Männer im Bundestag ihre Forderungen nach Gleichstellung statistisch begründen müssen, etwa weil bei Scheidungen Müttern weitaus häufiger als Vätern die Kinder zugesprochen werden? Wann wird es eine Klausel im Familienrecht geben, nach bei gleicher Eignung beider Eltern im Trennungsfall die Kinder ihren Vätern zugesprochen werden müssen?
Es wird sicherlich noch viele Weltmännertage geben müssen, bis die Geschlechter auf gleicher Augenhöhe über Gleichstellung diskutieren. Wer weiß, vielleicht finden sie dann heraus, dass Gleichstellung nicht nur ein gegeneinander Aufrechnen, sondern auch ein miteinander Gestalten ist, durch das Frauen und Männer sich gemeinsam besser stellen.