Die Neuregelung des gemeinsamen Sorgerechts 2013 hatte aber einen entscheidenden Nachteil: während die Mutter bei nicht verheirateten Eltern das Sorgerecht ab Geburt alleine ausübte, musste der Vater hierfür einen Antrag beim Familiengericht stellen, sofern die Mutter das gemeinsame Sorgerecht ablehnte. „Ein solcher Antrag belastet jedoch das Verhältnis der Eltern unnötig und provoziert Streit, anstatt ihn zu vermeiden“ erklärt Markus Witt, Mitglied im Bundesvorstand des Väteraufbruch für Kinder e.V. So konnte der Verein in seiner bundesweiten ehrenamtlichen Beratungspraxis häufig feststellen, dass von Müttern beim Vorliegen eines gerichtlichen Antrages dieser mit Kommunikations- und Kooperationsproblemen oder schwerwiegenderen Vorwürfen verhindert werden sollte, obwohl die Eltern bis dahin teils über Jahre vernünftig als – auch getrenntes - Elternteam zusammenarbeiten konnten. Die Formel „Streit der Eltern verhindert gemeinsames Sorgerecht“ würde bedeuten, dass die bis dahin alleinsorgeberechtigte Mutter es durch kindeswohlwidriges, verfahrenstaktisches Verhalten allein in der Hand hätte, die gemeinsame Sorge zu verhindern, wenn Gerichte nicht genau prüfen würden, von welchem Elternteil der Streit ausgeht. Auf dieses Problem weist auch der Evaluationsbericht hin.
„Angesichts der sehr positiven Entwicklung ist es an der Zeit nun auch nicht verheirateten Vätern von Geburt an das gemeinsame Sorgerecht einzuräumen und sie nicht weiter unter Generalverdacht zu stellen, da sie keinen Trauschein haben. Eine solche Vorstellung ist überholt und nicht mehr an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientiert“ meint Witt. Dieser Einschätzung schließt sich auch die Mehrzahl der befragten Richter an, welche auch das gesetzliche Leitbild der gemeinsamen elterlichen Sorge weit überwiegend befürworten.
Der Väteraufbruch für Kinder fordert die „Elternschaft auf Augenhöhe“ nicht nur beim Sorge- sondern auch beim Umgangsrecht in Form des Wechselmodells (auch: Doppelresidenz) durchgehend im Familienrecht zugrunde zu legen. Hiervon sollte nur abgewichen werden, wenn dies aus zwingenden, das Kind betreffenden Gründen notwendig sein sollte. Auch müssen Eltern deutlich besser als bisher durch Beratung und Mediation darin unterstützt werden, zu gemeinsamen Lösungen zu finden.